Artikel in der Online-Ausgabe der Ostfriesischen Nachrichten vom 31. Juli 2006
Rüdiger Musolf und die Archäologie-Stipendiaten der Wissenschaftstage: Lennart Brandtstätter, Tilko Müller, Martina Arends und Nils Feddersen. Foto: Hippen
max Aurich. Für fünf Schüler des Auricher Gymnasiums „Ulricianum“ begannen am Montag aufregende Wochen: Die Stipendiaten der Auricher Wissenschaftstage sind bei archäologischen Ausgrabungen in Kalkriese und im benachbarten Moor Campe dabei (siehe auch den Bericht „Mit Pinsel und Feger Geschichte erforschen“).
Im Gespräch mit den ON sind Lennart Brandtstätter, Tilko Müller, Martina Arends und Nils Feddersen von einer Schatzsucher-Romantik à la Indiana Jones allerdings weit entfernt. Nüchternheit und Zurückhaltung sind angesagt. Alle vier interessieren sich für Geschichte, sehen das Stipendium als wichtige Entscheidungshilfe für die spätere berufliche Laufbahn. Man wolle nicht mit zu großen Erwartungen auf bedeutende Funde an die Sache heran gehen.
Ihr Lehrer Rüdiger Musolf begrüßt diese Haltung. Das sei professionell, nur so könne das ganze funktionieren. Musolf betont, dass die Idee für diese Stipendien von der 16-jährigen Kristin Tiffert gekommen sei. Die Schülerin der Klasse 10f habe jahrelang in Griechenland gelebt, kenne archäologische Ausgrabungen und interessiere sich sehr dafür. Selbst konnte die jüngste der fünf Schüler bei dem Pressegespräch nicht dabei sein.
Ihre Mitschüler sind allesamt zwei Jahre älter als sie und besuchen bereits den 12. Jahrgang des Gymnasiums. Die Teilnahme am Stipendiaten-Programm ist freiwillig. Um in den Genuss dieses von Sponsoren geförderten Bestandteils der Wissenschaftstage zu kommen, ist allerdings Eigeninitiative und eine förmliche Bewerbung erforderlich.
Tilko Müller ist im Geschichts-Leistungskurs (LK) des Gymnasiums. Für ihn erlange die Geschichte, für die er sich sehr interessiere, durch die Archäologie einen praktischen Aspekt. Besonders spannend sei die Erforschung der Varus-Schlacht im Jahr 9 nach Christus. Durch die vor 20 Jahren begonnenen Grabungen in Kalkriese muss das althergebrachte Geschichtsbild von diesem Ereignis völlig neu aufgerollt werden.
Auch Lennart Brandtstätter und Nils Feddersen sind im Geschichts-LK. Beide haben bereits ein Praktikum bei der Ausgrabungsstätte in Ihlow absolviert, möchten durch das Stipendium ihre Erfahrungen weiter vertiefen. So könnten sie am besten heraus finden, ob sie später möglicherweise etwas in dieser Richtung studieren wollen.
Anders als ihre Mitschüler belegte Martina Arends einen Latein-Leistungskurs. Sie habe schon immer an einer Ausgrabung teilnehmen wollen, sei persönlich interessiert. Und schließlich habe sie etwas anderes machen wollen, als in den Sommerferien wochenlang an der Kieskuhle zu liegen.
Sorgen um ihre Zukunft machen sich die vier nicht – selbst dann nicht, wenn sie künftig hauptberuflich der Geschichte auf den Grund gehen wollen. Tilko Müller erläuterte: Selbst wenn derzeit die Lage in diesem Berufsfeld nicht so rosig sei, müsse sich seine Generation nicht auf Deutschland konzentrieren. Lennart Brandtstätter sieht beispielsweise Chancen in den neuen EU-Ländern, in denen es sicherlich noch Vieles zu erforschen gebe.