Position der „Meteor“:
15° 29,10 N
53° 28,03 W
Aurich / El Hierro. Endlich hat der Hauptteil der Forschungen begonnen: Gestern wurde ein Kranzwasserschöpfer mit 24 Wassrerschöpfern bis in eine Tiefe von über 5000 Metern hinabgelassen (gefiert). Beim Hinaufziehen (seemännisch: hieven) werden die Schöpfer dann in verschiedenen Wassertiefen geschlossen. Ein Schöpfer fasst zehn Liter Wasser. Wieder an Deck angelangt, muss es schnell gehen. Zuerst werden Messampullen angeschlossen, durch die noch an Bord die FCKW-Konzentration des Wassers bestimmt werden kann. Daraus kann man ableiten, wie „alt" das Wasser ist, das heißt wie viele Jahre seit seinem Absinken von der Oberfläche in die Tiefe vergangen sind.
Nach diesem Arbeitsschritt kommen wir zum Einsatz. Wir zapfen Wasser ab, ohne dass Luft in die Probe gelangen darf. Die könnte nämlich den später ermittelten Sauerstoffgehalt beeinflussen. Nachdem das Wasser in speziell geeichte Fläschchen gefüllt ist, geben wir zwei Chemikalien hinzu und schütteln das Gefäß mindestens 30 Sekunden lang. So wird der Sauerstoff in der Wasserprobe „festgehalten“.
Erster Forschungsausfgaben: Gesa entleert die Behälter
nach ihrem 500m Meter tiefen Tauchgang. Foto: privat
Danach kommt die leichteste Aufgabe. Bei den Proben für die Bestimmung des Salzgehaltes müssen wir nur einige dem Flachmann sehr ähnliche Flaschen befüllen. Am Boden der Rosette ist das Hauptgerät, eine CTD-Sonde angebracht. Mit diesem Gerät werden während der gesamten Messaktion Salzgehalt, Temperatur, Sauerstoff und Druck der durchfahrenen Wassermassen aufgezeichnet. Die von uns genommenen Wasserproben für Sauerstoff und Salzgehalt dienen zur Eichung der Messungen aus der Sonde.
Ein weiteres wichtiges Gerät an der Rosette ist ein akustischer Strömungsmesser, LADCP genannt. Auf deutsch übersetzt ist das ein „Gefierter Akustischer Doppler Profilstrommesser“. Dieser misst die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers. Wieder an Deck wird schnell ein Kabel angeschlossen um die gespeicherten Daten auf einem Computer zu sichern. Diese ganzen Messungen klingen furchtbar wichtig, doch kann man sich als Nicht-Wissenschaftler nur schwer vorstellen, wozu die ermittelten Werte nutzen sollen. Der wichtigste Grund ist, dass die Ozeane einen großen Einfluss auf unser Klima haben. So bilden sich Hurrikans durch warmes Wasser und wird warmes Wasser des Golfstroms bis in die Arktis transportiert. Diese Wärme wird über die Atmosphäre an Europa weitergegeben.
Um die Rolle des Ozeans im Klimageschehen besser zu verstehen, muss man die Verteilungen der Wassermassen und die Ozeanströmungen genau kennen. Nur dann kann man mit Hilfe von Modellen das Klima der Zukunft voraussagen. Auch wir konnten in der letzten Nacht bei unseren Schichten Interessantes auf den Bildschirmen entdecken, die direkt Grafiken der Wassereigenschaften wie Temperatur, Druck und Salzgehalt übermitteln. So konnten wir in fast 5000 Metern Tiefe antarktisches Tiefenwasser ausmachen. Das kann man auch beim Zapfen der Wasserproben spüren.
Liebend gerne lässt man sich 29°C warmes Wasser aus 10 Meter Tiefe über die Hände laufen. Bei 2°C kaltem Wasser aus 5100 Meter Tiefe sieht das schon anders aus. Auch beim Schütteln wetteifern wir, wer die zuverlässigste, energiesparendste Technik entwickelt. Wenn das so witergeht, sind wir bald fit für einen Ferienjob als Barkeeper.
Position der „Meteor“:
15° 46,48 N
55° 57,04 W
Aurich / El Hierro. Schnell sind die ersten Tage der Schichtarbeit vergangen. Längst wundert man sich nicht mehr, wenn um 4 Uhr morgens irgendwo ein Wecker klingelt oder andere um 17:30 Uhr frühstücken. Komisch ist die Vorstellung, dass zu Hause die Schule wieder begonnen hat während wir uns darüber freuen, das erste Mal seit Tagen wieder ein Schiff zu sehen.
Gerade wenn man so weit weg ist von daheim ist es besonders schön, Nachrichten aus der Heimat zu bekommen. Hierbei ist es sehr praktisch, dass wir von Bord aus Emails senden und empfangen können. Dieses geschieht über eine Satellitenverbindung, die leider nicht ganz billig ist.
Reinhard, Ramon und Olli genießen die Abendstunden
auf dem Atlantik. Foto: Privat
Ungefähr fünf Mal am Tag werden E-Mails verschickt und empfangen. Man hält sich möglichst kurz, um die Kosten nicht zu strapazieren. Mit einer sofortigen Antwort kann man nicht immer rechnen. Wenn man nachmittags gemütlich seine Mails schreibt und abschickt, liest der Empfänger sie wahrscheinlich erst am drauffolgenden Tag. Unser momentaner Zeitunterschied beträgt fünf Stunden zu Deutschland.
Bis Donnerstag genossen wir auf der gesamten Fahrt herrliches Wetter. Da wir uns jetzt aber am Rande eines Tiefdruckgebietes befinden, überraschten uns gestern mehrere kleine Schauer. Doch ist der Regen nicht unangenehm kalt und lässt einen nicht frieren. Der hiesige Regen ist warm und eher erfrischend. Kurz nachdem er sich verzogen hat, schwitzt man allerdings wieder. Auch nachts kühlt es nie richtig ab. Zum Glück verschaffen die Klimaanlagen uns so angenehme Temperaturen, dass wir gut schlafen können.
Schon bei Sonnenaufgang steigen die Temperaturen bis zu 27°C. Oft lässt es sich in der Sonne kaum aushalten und man kann sie erst gegen Abend genießen, damit man auch ein wenig gebräunt zurückkehrt. Bräunen erweist sich aber auch als schwierig.
Selbst abends ist es manchmal kaum möglich mit der nackten Haut das heiße Deck zu berühren. Eine Wolldecke muss doppelt gelegt werden, damit man sich überhaupt auf den Boden setzen kann. Sonnenschutz wird ganz groß geschrieben. So haben fast alle an Bord Sonnenschutzmittel mit mindestens Lichtschutzfaktor 30 dabei. Ohne Sonnenbrille länger auf die glänzenden Wellen zu schauen kann für die Augen schmerzhafte Folgen haben. Doch hatten bisher alle Glück und gingen vernünftig mit den extremen Sonnenstrahlungen um. Wenn wir uns den Wetterbericht aus Deutschland anschauen, freuen wir uns hier in der Sonne schwitzen zu dürfen.
Bei der Arbeit kann einem auch schon ganz schön heiß werden. Entweder kühlt man sich dann im Pool ab oder wenn die Schicht noch nicht beendet ist meldet man sich freiwillig zum Abspritzen der Rosette mit kühlem Süßwasser. Wenn die Sonne untergeht kann es schon mal sein, dass das ganze Deck voller fotografierender Leute steht. Alle treffen sich dort um sich das Naturschauspiel nicht entgehen zu lassen.
Position der „Meteor“:
16° 11,29 N
59° 30,01 W
Aurich / El Hierro. Mehr als zwei Wochen auf der „Meteor“ konnten uns davon überzeugen, dass es auch in der noch kommenden Zeit niemals langweilig werden wird. Bereits am ersten Tag auf dem Schiff war uns klar, dass wir sechs Wochen lang mit 53 Menschen an Bord zusammen leben werden. In dieser Zeit ist die „Meteor“ der einzige verfügbare Boden. Man muss sich bemühen, mit möglichst allen gut auszukommen, da es ziemlich schwierig werden kann, sich auf einem Schiff auszuweichen.
Gesa und Jann am Heck der „Meteor“, von wo aus man die
Weiten des Ozeans sehen kann. Foto: Privat
Glücklicherweise haben wir überhaupt keine Probleme damit uns mit anderen Mitreisenden anzufreunden. Mannschaft und Forschungsteam sind sehr aufgeschlossen und stehen einem immer hilfreich zur Seite. Natürlich kann der Gedanke sechs Wochenlang mit den gleichen Leuten auf dem gleichen Boden zu verweilen bedrückend wirken, doch ist gerade dieses etwas ganz besonderes. Der Spruch „Wir sitzen alle im selben Boot" ist auf einer Reise wie dieser sehr wahr. Man merkt, dass alle bemüht sind, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, um das Zusammenspiel an Bord zu vereinfachen. Abwechslung ist besonders für die Mitglieder der Crew sehr wichtig. Sie sind oft mehrere Monate an Bord.
Ein neues Wissenschaftsteam bedeutet immer eine neue Aufgabe und neue Kontakte. Auf dem Schiff herrscht natürlich auch ein ganz normaler Alltag. Zwar kann man nicht einkaufen gehen oder frei wählen, ob man heute griechisch, chinesisch oder Grünkohl mit Pinkel essen möchte, doch gibt es die Möglichkeit Feste zu feiern wie sie fallen. So feierte der Bordelektroniker Jörg Walter seinen 50. Geburtstag auf eine ganz besondere Art und Weise. Eine Beachparty mitten auf dem Atlantik haben wohl die Wenigsten zu einer solch runden Zahl. Doch auch das Partyleben ist anders als an Land. Wegen einer Feier kann nicht alles stehen und liegen gelassen werden.
Der Schichtbetrieb geht normal weiter, was dazu führt, dass die 8 bis12-Wache oftmals nur das Ende der Party mitbekommt. Doch kann ein Schiff nicht einfach den Betrieb einstellen. Auch wir arbeiteten weiter an der Forschung und ließen die Rosette auf- und absteigen. Nicht nur für die 8-12-Schicht ist das Feiern anders als in der Heimat. Alkohol wird anders konsumiert, muss man doch in ein paar Stunden fit und nüchtern wieder zur Arbeit erscheinen. Was uns immer noch ein wenig seltsam vorkommt ist, dass es an Bord kein Wochenende gibt.
Jeden Tag in der Woche wird zur gleichen Zeit gearbeitet. Dafür genießt man seine acht Stunden Pause zwischen den Arbeitszeiten ganz besonders. Da man genau weiß, wie viel Zeit man hat, versucht man diese besonders gut zu nutzen. Für uns bedeutet dieses, dass wir erst mal wieder zu Hause den Schulalltag als etwas Leichtes hinnehmen, und zwei freie Tage in der Woche als besonderen Luxus genießen werden. Wahrscheinlich ist wirklich etwas dran, wenn einem fast schon altklug gesagt wird, dass die Schulzeit eine der freiesten Zeiten des Lebens ist.
Position der „Meteor“:
16° 17,60 N
60° 44,99 W
Aurich / El Hierro. An Bord der „Meteor“ sind viele verschiene Personen dafür verantwortlich, dass das tägliche Zusammenspiel vieler Dinge reibungslos geschieht. Ganz wichtig sind bei der Vielzahl an elektrischen Geräten die Bordelektroniker. Heinz Wentzel und Jörg Walter sorgen auf diesem Fahrtabschnitt dafür, dass alle technischen Mängel schnell behoben werden können. Um mehr über ihre Arbeit herauszufinden haben wir Jörg Walter in seiner Werkstatt aufgesucht, in der sich massenweise elektronische Kleinstersatzteile befinden, um mehr über ihn und seine Arbeit herauszufinden.
Der Bordelektroniker Jörg Walter vor einem Regal voller Ersatzteile. Foto: Privat
Jörg fährt das erste Mal auf einem Schiff mit, um beim wissenschaftlich technischen Dienst mitzuarbeiten. Fernab von Baumärkten und Fachläden, die schnell aufgesucht werden können um einen fehlenden Spezialstecker zu kaufen, muss er nun dafür sorgen, dass möglichst viele Reparaturen an Bord möglich sind. Wie kommt man als Fernseh- und Funktechnikmeister dazu, für vier Monate Festland und Familie zu verlassen? Wir glauben, dass es die Neugier ist, die den aufgeschlossenen Jörg raus aufs Meer getrieben hat. Seine 8-jährige Tochter Stefanie lässt er per E-Mail an seinem Abenteuer teilnehmen. Es war schon länger eine Idee von ihm gewesen, auf einem Schiff zu arbeiten.
Festere Formen nahm dieser Plan an, als er in der Zeitung auf ein Stellengesuch aufmerksam wurde. Er bewarb sich und nahm in den folgenden Wochen den Gang zu den verschiedensten Behörden auf sich. Bisher bereut er diese Entscheidung nicht. Die Arbeitszeiten des Bordelektronikers unterscheiden sich nicht sehr von denen eines an Land arbeitenden Elektronikers. Von 8-17 Uhr ist die Werkstatt geöffnet. Mannschaft und Wissenschaftsteam können in dieser Zeit mit allen technischen Problemen zu ihnen kommen. Der Aufgabenbereich reicht von der Brücke bis zu Brillen und Uhren.
Das Repertoire an Ersatzteilen reicht von kleinen Widerständen bis zu meterlangen Kabeln. Wenn Not am Mann ist kann es auch mal vorkommen, dass mitten in der Nacht aufgestanden werden muss, um das Forschungsschifffahr- und forschungsfähig zu halten. Beengt fühlte er sich an Bord der „Meteor“ noch nicht. Jörg lacht und fügt hinzu, dass er jederzeit die Möglichkeit hat sich in das V erließ zurückzuziehen. Als er unsere verdatterten Blicke sieht erklärt er uns, dass er so den elektronischen Lagerraum im Keller des Schiffes nennt.
Die natürliche Sorge vor der Seekrankheit hatte auch Jörg vor Antritt der Fahrt. Aus seiner früheren Zeit bei der Marine war er sich aber sicher, nicht wochenlang krank in der Koje liegen zu müssen. Obwohl er sich auf dem Schiff sehr wohl fühlt, freut er sich bereits darauf seine Familie wieder zu sehen. Auch Stefanie, die ihren Vater sehr vermisst wird sicherlich sehr froh sein, ihren Vater wiederzuhaben, um seinen Piratenabenteuern zu lauschen.
Position der „Meteor“:
15° 53,04 N
60° 34,02 W
Aurich / El Hierro. Während wir in neun Seemeilen Abständen die Rosette ins Wasser hinablassen, ziehen verschiedenste Inseln an uns vorbei. Nachdem wir uns zuerst freuten, das erste Mal wieder Land gesehen zu haben, sind wir jetzt nur noch gespannt, wann die nächste Insel am Horizont auftauchen wird. Der Sonnenuntergang zwischen zwei Inseln kann gigantisch aussehen. Wenn die Sonne verschwunden ist, erstrahlt weiterhin der gesamte Himmel in rötlichen Tönen.
Gesa und Jann genießen, es endlich wieder Land zu sehen.
Hinter der Insel Martinique geht die Sonne unter. Foto: Privat
Während Inseln wie Dominica, Martinique, St. Lucia und St. Vincent an uns vorbeiziehen lesen wir im Reiseführer mit, was diese Orte zu bieten haben. Richtiges Karibikfeeling kommt dann auf, wenn man im Radio einen Sender empfängt, der karibische Reggae-Töne auf die „Meteor“ trägt. Ist es erst einmal vollständig dunkel erkennt man die Inseln nur noch durch den Lichtschein. Da wünscht man sich schon einmal, ein wenig an Land umher zu spazieren. Unter uns jungen Ozeanographen leiden besonders diejenigen, deren größtes Hobby das Wellenreiten ist. Wenn sie die regelmäßige Atlantikdünung sehen und die Wellenperioden mitzählen, stehen ihnen fast die Tränen in den Augen, weil sie ihr Bord nicht auspacken können.
Unser Kurs wird uns zunächst weiter in den Süden bringen. An den Grenadinen vorbei waren am 1. September, Gesas 18. Geburtstag, querab von Tobago. Von dort aus geht es weiter Richtung Barbados. Dort wird eine Verankerung reingeholt, die dort vor einem Jahr ausgelegt wurde. Diese Verankerungen bestehen aus einem Eisenbahnrad, das als beschwerendes Gewicht auf dem Meeresgrund liegt. Daran befestigt ist ein Seil, an welchem in unregelmäßigen Abständen verschiedenste Messinstrumente befestigt sind.
Mit Luft gefüllte Glaskugeln sorgen dafür, dass das Seil nicht sinkt. Diese Geräte haben ein Jahr lang verschiedene Daten, wie den Salzgehalt,die Temperatur und die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers aufgezeichnet. Wenn die „Meteor“ in derNähe der Verankerung ist,betätigen wir an Bord ein akustisches Signal, durch welches sich das Seil vom Eisenbahnrad löst. So kann das Seil aufschwimmen und wir werden die Verankerung an Bord nehmen. Dieser Moment ist sehr spannend, da man vorher nicht weiß, in welchem Zustand sich die Geräte befinden. Weitere Verankerungen befinden sich bei Tobago und St. Lucia.
Nach erfolgreichem Bergen werden wir auch die Passagen zwischen den Inseln abfahren. Auf diesem Fahrtabschnitt werden wir weitere Messungen mit dem Kranzwasserschöpfer vornehmen. Durch die Daten, die die Verankerungen ermitteln, erhofft man sich, mehr über den Einstrom von Südatlantikwasser in die Karibik zu erfahren. Auch uns hat das Forschungsfieber gepackt und wir warten gespannt darauf, die Verankerungen mit eigenenAugen sehen zu können. Durch Fotos haben wir schon einen ersten Eindruck vermittelt bekommen, doch ist es schwer, sich ein über tausend Meter langes Kabel vorzustellen.