Logo der Berufsbildenden Schulen 2 Aurich

Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

Logo des Ulricianums

Praktika am Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen

Informationen über das Institut

Foto des Instituts, 34 k

Homepage des Seminars für Ur- und Frühgeschichte

Praktikumsbericht

Von Sven Neudeck

Seit dem 07. Juli 02 sind wir, vier Schüler aus Aurich, auf einer Lehrgrabung der Universität Göttingen in Nienover im Solling. In diesem Praktikum, das uns durch das Stipendiatenprogramm der Auricher Wissenschaftstage ermöglicht wurde, erlernen wir die Grundlagen archäologischer Ausgrabungen am Beispiel der mittelalterlichen Stadtwüstung Nienover. Diese Ansiedlung ist dem gleichnamigen Schloss vorgelagert, in dem die gesamte Grabungsmannschaft in guter Atmosphäre untergebracht ist. Die Gruppe setzt sich aus Studenten unterschiedlicher Fächer zusammen und ist international. So sind auch tschechische, polnische und bulgarische Studenten anwesend. Obwohl die Grabungsleitung bei Prof. Dr. Stephan liegt, organisieren zwei Studenten, Sérge Reich und der Emder Sönke Bohnet, den Ablauf der Lehrgrabung. Dies schließt auch das gemeinsame Leben im Schloss ein.

In aller Frühe, um 6 Uhr morgens, beginnt ein Grabungstag mit dem gemeinsamen Frühstück im ehemaligen Rittersaal. Schon eine halbe Stunde später finden wir uns in den einzelnen Arbeitsgruppen, die von sogenannten Schnittleitern geleitet werden, auf dem ca. 6.000 m2 großen Grabungsgelände ein.

bei der Ausgrabung, 30 k

Überblick über die Hauptgrabungsfläche in Winnefeld
direkt neben der Kirchenmauer (Mauerrest links)

Der typische Bearbeitungsablauf auf einer zu untersuchenden Fläche, Schnitt genannt, beginnt mit dem Putzen (Glätten) der Fläche, Kennzeichnen der Befunde, Erstellen eines Koordinatensystems, Zeichnen der Fläche, Fotografieren der Befunde und der Tiefenmessung. Eine sorgfältige Aufnahme sämtlicher Werte ist für eine spätere Dokumentation unumgänglich.

Neben der Arbeit am jeweiligen Grabungsabschnitt wurden wir in verschiedene Gruppen eingeteilt, die in eigener Verantwortung besonderen Tätigkeiten nachkommen. Sven Neudeck ist zusammen mit Susann Györi, die ebenfalls noch Schülerin ist, in der Fotogruppe aktiv. Sie dokumentieren die Befunde und freigelegten Funde der einzelnen Grabungsflächen. Bertold Konz arbeitet in der sogenannten „Niev-Gruppe" (Niev steht für Nivelliergerät), die für die Höhenvermessung der Fläche und der einzelnen Funde verantwortlich ist. Nena Eisenbarth ist in der Vermessungsgruppe tätig, die mit Hilfe des Tachymeters (genannt „Tachy") und des Theodoliten (genannt „Theo") Koordinatenpunkte im Gelände bestimmen. Solche Punkte werden benötigt um die genaue Lage der Funde festzuhalten. Diese Gruppen werden nach einigen Tagen zum Teil neu besetzt, so dass jedem Lehrgräber die Möglichkeit gegeben wird, alle Bereiche kennen zu lernen und erworbenes Wissen an andere weiter zu geben. So hat Bertold bereits Johanna Ledebur das Arbeiten mit dem Niev beigebracht, so dass sie ihn demnächst in dieser Gruppe ablösen wird.

bei der Arbeit am Tachymeter, 30 k

Nena bei der Arbeit am Tachymeter,
mit dem man Punkte im Gelände in ein Koordinatensystem einmisst.

Am ersten Tag haben wir den Aushub des Schlossbrunnens nach Funden durchsucht. Die Funde, hauptsächlich Knochen, Zähne, Keramik- und Glasscherben, stammen aus einer Tiefe von ca. 30 Metern und werden von Prof. Dr. Stephan auf das 18. Jahrhundert geschätzt. Man geht davon aus, dass es möglich ist bis zum 12. Jahrhundert vordringen zu können. Der Aushub des am Grunde des Brunnens befindlichen Erdreiches wird von Höhlenforschern übernommen, die in der nächsten Woche erneut hinabsteigen werden. Wir werden die Möglichkeit haben, uns mit in den Brunnenschacht abzuseilen, nach einer kleinen Lehrstunde im Klettern.

bei der Sichtung, 30 k

Durchkellen des Brunnenaushubs im Schlosshof

Die Tatsache, dass wir in so vielen Bereichen Erfahrungen sammeln können, sowie die freundschaftliche und persönliche Atmosphäre im Schloss machen den besonderen Reiz dieses Stipendiums aus. Am Ende der Lehrgrabung erhält jeder Teilnehmer ein Zertifikat, das die Teilnahme und den Lernerfolg bestätigt und es uns ermöglicht, zukünftig als Schnittleiter bei anderen Ausgrabungen zu arbeiten.

Praktika | Seitenanfang | weiter