Wir – Herma te Brake, Schülerin des Beruflichen Gymnasiums der BBS 2 Aurich und Rieke Seifert, Schülerin des Gymnasiums Ulricianum Aurich – durften drei Wochen lang internationale Wissenschaftler bei ihrer Forschung im Bergregenwald Trinidads begleiten.
Die Vorbereitungen (Impfungen, Anschaffungen) begannen, nachdem wir eine Zusage auf unsere Bewerbung bekommen hatten. Mit Vorfreude stiegen wir am 08.03.2016 in Leer in den Zug nach Berlin. Dort lernten wir Professor Jens Krause (Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei) kennen, unter dessen Leitung die Expedition stattfand.
Nach einer kurzen Nacht im Hotel startete unsere Reise gemeinsam mit ihm und zwei weiteren Wissenschaftlern (Dr. Ralf Kurvers, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, und die Doktorandin Lysanne Snijders, Wageningen University) mit dem Flug nach Trinidad über Amsterdam und New York. Auf der kleinen, in der Karibik vor der Küste Venezuelas liegenden Insel angekommen, holten wir unsere Mietwagen ab und machten uns auf den Weg zu unserer Unterkunft. Diese bestand aus zwei Häusern, die uns von der Universität (University of the West Indies, St. Augustine) vermittelt wurden.
Um keine Zeit zu verlieren, begannen wir mit unserer Arbeit bereits am nächsten Morgen. Wie auch in den folgenden Wochen begann unser Tag um 8 Uhr mit der ungefähr einstündigen Autofahrt in den Regenwald. Nach der 30-minütigen Wanderung entlang des Tuture-Flusses gelangten wir an unsere Forschungsstelle, die wir zunächst vorbereiteten. Dazu suchten wir uns drei Wasserbecken aus, die wir so ausbesserten, dass idealerweise keine Guppy-Fische, an denen wir forschen würden, hinein- oder hinausgelangen konnten. Dies war die Grundlage für die darauffolgenden Versuche, die wir mit den Fischen machten, um die Leitfrage „Lässt sich durch die Kenntnis sozialer Netzwerke der Informationsfluss innerhalb von Fischpopulationen vorhersagen?“ beantworten zu können. Dazu fing Professor Krause jeweils 8 Fische pro Pool, betäubte und markierte sie mit einem farbigen Punkt, um sie identifizieren zu können.
In den darauffolgenden Tagen beschäftigten wir uns mit der sozialen Stellung der Guppys in den jeweiligen Netzwerken. Um diese zu bestimmen, beobachten wir jeweils zu zweit jeden Fisch zwölf mal zwei Minuten. Dabei dokumentierten wir alle zehn Sekunden, wo der jeweilige Fisch sich aufhielt und welche Fische sich in direkter Nähe befanden.
Anschließend beschäftigten wir uns dann mit dem Informationsfluss. Dafür teilten wir jeden Pool in zehn Zonen auf, in die wir dann jeweils einen „falschen“ Köder (lediglich eine Bleikugel) und einen „richtigen“ Köder (eine Bleikugel mit Fischfutter überzogen) an einer Angel hineinhielten. Wir nahmen ihn hinaus, wenn entweder nach drei Minuten kein Fisch auf den Köder aufmerksam geworden oder nachdem eine Minute nach dem ersten Entdecken verstrichen war. Dazu schrieben wir auf, welche Fische sich in welcher Reihenfolge näherten. Dies machten wir, um festzustellen, ob bei Fischen mit einer hohen Stellung im Netzwerk (viele Kontakte) auch eine hohe Anzahl an nachfolgenden Fischen beim Entdecken des Köders zu sehen ist.
Um das Ganze zu Hause noch einmal überprüfen zu können, filmten wir jede Sequenz. Diesen Versuchsablauf von etwa einer Woche wiederholten wir dreimal mit unterschiedlichen Fischen, die wir neu fingen, um möglichst aussagekräftige Werte zu erhalten.
Nach der täglichen Arbeit im Wald machten wir uns dann um ca. 14 Uhr auf den Heimweg. Zu Hause digitalisierten wir die am Vormittag erhaltenen Daten. Diese wurden dann von Professor Stefan Krause (Fachhochschule Lübeck), der erst einige Tage später angereist war, ausgewertet.
Darauf folgte das gemeinsame Abendessen, wobei wir entweder in der nahegelegenen Pizzeria oder auch zu Hause bei selbstgekochtem Essen den Abend ausklingen ließen.
Natürlich haben wir in den drei Wochen nicht nur geforscht, sondern auch in der Freizeit Einblicke in die Natur und die Tierwelt der Insel gewonnen. Unser erster Ausflug war eine Bootstour im Caroni-Sumpf, der im Nordwesten der Insel liegt, bei der wir das erste Mal eine Schlange in freier Wildbahn sahen (tree boa). Außerdem sahen wir den Vieraugenfisch, unzählige Vogelarten und als Highlight große Schwärme des Roten Ibis, dem Nationalvogel des Inselstaates.
Wenige Tage darauf fuhren wir zu einem Kloster, das auf einem Berg liegt, und wanderten noch ein Stück höher, um den atemberaubenden Ausblick auf einen Großteil der Insel zu genießen.
Da einige sehenswerte Tiere hauptsächlich bei Nacht aufzufinden sind, machten wir in der Woche darauf zwei Nachtwanderungen. Der erste Ausflug in den Regenwald bei Dunkelheit fand unter der Leitung des Kurators des Naturkundemuseums von Trinidad statt. Wir waren direkt erfolgreich und sahen neben vielen Insekten auch einige Exemplare der Chevronvogelspinne. Die zweite Nachtwanderung, die uns an einem Zaun entlangführte, der einen Sendeturm umgrenzte, blieb uns besonders durch den riesigen Herkuleskäfer in Erinnerung, den wir sogar in der Hand hielten.
Nach diesen vielen erfolgreichen Entdeckungen der Tiere gelang es uns aber leider nicht, eine der Vampirfledermäuse zu sehen. Jedoch sahen wir bei dieser Suche in einem verlassenen Gebäude mehrere andere Fledermausarten, die Professor Jens Krause mithilfe eines Netzes einfing, damit wir sie später in einem großen Glasbehälter von Nahem beobachten konnten. Selbstverständlich haben wir die Fledermäuse danach wieder freigelassen.
Nach einem weiteren beendeten Arbeitstag fuhren wir zu dem kleinen Asa-Wright-Nationalpark, in dem man von einer offenen Terrasse aus unzählige Vogelarten, davon überwiegend Kolibris, beobachten konnte. Dies war sehr faszinierend, da die Vögel teilweise nur wenige Zentimeter entfernt waren.
Während eines Zwischenstopps auf einer Fahrt nach Hause hatten wir viel Glück, da wir trotz des Hochwassers einen ca. 2 Meter langen Kaimanen, der eigentlich nur bei niedrigem Wasserstand zu sehen ist, am Rand eines Flusses entdeckt haben.
Das letzte und wohl auch eindrucksvollste Erlebnis war das nächtliche Beobachten einer unfassbar großen Lederschildkröte (leatherback turtle) beim Legen ihrer Eier in ein zuvor selbst gegrabenes Loch am Strand.
Neben all diesen Aktivitäten boten auch zwei Kinobesuche, eine Poolparty bei Freunden von Professor Jens Krause und ein Besuch an einem typisch karibischen Strand im Norden der Insel Zeit für Entspannung von der Arbeit.
Abschließend können wir auf eine erfahrungsreiche, interessante und spannende Zeit mit Freude zurückblicken. Diese Zeit hat uns nicht nur einen guten Einblick in den Ablauf von Forschungsarbeiten, sondern auch in die Kultur eines doch sehr unterschiedlichen Landes gegeben. Im Kontrast zum Schulalltag hat uns die Teamarbeit besonders gut gefallen.
Wir sind sehr dankbar dafür, dass wir trotz unserer geringen Erfahrung und unseres sehr begrenzten Wissens im naturwissenschaftlichen Bereich so offen im Team aufgenommen wurden und von den Wissenschaftlern als gleichberechtigte Teammitglieder behandelt wurden. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Organisatoren und den Sponsoren, insbesondere aber beim Team und bei Professor Jens Krause.
Aurich, 02.04.2016
Herma te Brake, Rieke Seifert