Auch in dieser Woche ergab es sich so, dass die Observation der Guppys und die Erstellung der sozialen Netzwerke weiterhin den größten Teil unseres täglichen Zeitbudgets in Anspruch nahmen. Entsprechend routiniert war unser Ablauf, morgens pünktlich um halb 9 Abfahrt und jeden Tag mindestens eine Stunde Marsch durch den „primary rain forest“ der Region Valencia.
Jedoch blieb es nicht nur dabei, dass wir im Regenwald mithelfen, indem wir sowohl als Zeitgeber für die Messungen fungieren als auch die Beobachtungen dann in kodierter Form niederschreiben. Sondern kurz darauf wurden wir von Doktorand Romaín Clement darin eingewiesen, wie wir diese erhobenen Daten in Excel-Tabellen für die weitere Analyse und Verarbeitung einzutragen hatten. Diese Tätigkeiten, Daten-Erhebung und -Aufbereitung, nahmen nun einen großen Teil des Tagesgeschehens ein.
Im Laufe der Woche führten wir dann weiterhin diverse Manipulationen durch, um dass daraufhin möglicherweise veränderte Verhalten der Fische zu untersuchen. Zum Wochenende hin war diese Experimentreihe dann ebenfalls erledigt und wir wandten uns neuen Methoden zu, die Guppys zu analysieren. Dabei konzentrierten wir uns nun nicht mehr auf ihr Verhalten und ihre soziale Interaktion, wie es vorher bei den Netzwerken der Fall war, sondern machten für die Fische sogenannten Persönlichkeitstests. Im Wesentlichen wurden dabei Reaktionen einzelner Fische auf verschiedene Situationen betrachtet, beispielsweise, wie schnell sie – ausgesetzt in einem neuen Habitat – zu fressen beginnen und dieses durchqueren.
Nicht nur die freien Tage nutzen wir für Expeditionen außerhalb der Verhaltensforschung, sondern auch teilweise die Abende ohne Forschung. Einen solchen hatten wir am Mittwoch zur Verfügung und entschieden uns für einen nächtlichen Trip zu den Maracas Falls, die mit ca. 91,5 Metern die höchsten Wasserfälle Trinidads sind.
Unser eigentliches Hauptziel war es, den Stummelfüßler (Velvet-Worm oder Onychophora) zu finden, ein seltener, eigenständiger Tierstamm, der im Prinzip Würmern mit Beinen entspricht. Doch auf dem steilen Weg durch den Wald zu den Wasserfällen fanden wir bereits zahlreiche, verschiedene und interessante Spezies. Darunter waren die Spinnen und Skorpionen gleichermaßen ähnlichen Peitschenskorpione, die ebenfalls eine eigene Spezies stellen, die riesigen Vogelspinnen, die an den Bäumen auf dem Weg zu finden waren, verschiedene Froscharten sowie ebenfalls riesige Aga-Kröten.
Bei den Fällen angekommen machten wir uns dann in der sumpfigen Umgebung auf die Suche nach den Stummelfüßlern, die Feuchtigkeit lieben, hatten jedoch kein Glück. Nichtsdestotrotz fanden wir zwei farbenprächtige Geckos und wurden mit dem Anblick der Wasserfälle im Schein des Vollmonds belohnt. Auf dem Rückweg trafen wir dann noch auf eine Coffee Snake und einen Oil-Bird, einen der wenigen Vögel weltweit, die wie Fledermäuse mithilfe von Echos sich orientieren. Somit hatte sich der Ausflug trotz der Enttäuschung über der Nichtauffindbarkeit des Stummelfüßlers gelohnt.
Der Sonntag war wieder ein arbeitsfreier Tag, den wir für eine besondere natürliche Gegebenheit Trinidads aufwendeten, den Pitch Lake im Nordwesten der Insel, ein See aus Asphalt, der aus dem Boden austritt.
Nach einer Stunde Autofahrt kamen wir schließlich in LaBrea, das Dorf, das an dem See liegt und auch nach diesem benannt ist (spanisch für Teer), an. Zunächst nahmen wir an einer Führung über den See teil, dann erkundeten wir ihn selbst. Der größte Teil seiner Oberfläche besteht aus festem Asphalt, in dem man nur Millimeter einsank, einige Stellen waren jedoch flüssig und gefährlich, da man hier versinken konnte. Zudem hatte der flüssig austretende Asphalt eine hohe Temperatur. Während unserer Tour erfuhren wir, dass dieser See der einzige von dreien weltweit sei, zwei weitere liegen in Venezuela und nahe Los Angeles in den USA. Dieser Pitch Lake ist jedoch als einziger begehbar, weil in den anderen Öl gefördert wird und im US-amerikanischen wertvolle Fossilien lagern. Rund um den See befindet sich sumpfartiges Gebiet mit verschiedenen Pflanzen und sogar einigen Kaimanen. Insgesamt liegt der See jedoch viel tiefer als der Rest der Umgebung, da auch in Trinidad der Asphalt des Sees gefördert wird. Der geförderte Asphalt zählt zu den besten weltweit und wird unter anderem auch nach Deutschland exportiert.
Nach der Tour nutzten wir eine weitere Besonderheit dieses Asphaltsees aus, seine im ausgehärteten Teer befindlichen Wasserbassins. Diese sind durch die Sonne und den Schwarzen Teer angenehm warm und zusätzlich gut für die Haut und angeblich heilend bei z. B. Rheuma. Zugeschrieben werden ihnen diese Eigenschaften aufgrund ihres hohen Schwefelgehalts. Der Schwefel gelangt aus dem See in das Wasser und lagert sich sogar teilweise in richtigen Kristallen als Salz ab, was dem See manchmal den Gestank nach faulen Eiern verlieh. Für unsere Truppe waren diese Bassins zusätzlich interessant, denn in ihnen lebt eine spezialisierte Guppy Population, die anscheinend sehr gut mit der enormen Hitze klar kommt, schließlich heizt sich das Wasser durch den See und sein wärmeabsorbierendes Schwarz stark auf.
Nachdem wir diese Fische ein wenig beobachtet hatten, warfen wir noch einen Blick auf die Geier des Sees, die sich am Ufer finden lassen. Diese warten dort auf Tiere, die im Teer steckenbleiben, um diese dann zu fressen.
Am späten Nachmittag machten wir uns dann auf den Rückweg zu unserem Apartment.