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Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

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Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 13. Juni 2013, S. 8 [1]

Jens: „Aurich leuchtet noch immer“

Verstorbener deutscher Intellektueller war 1999 und 2003 Gast der Wissenschaftstage

Foto: Josef Antony mit dem Dankesbrief, den Walter Jens 1999 geschrieben hat. Das kleine Foto zeigt Jens beim Besuch der Auricher Schüler In Tübingen, 40 k

„Aurich leuchtet“: Josef Antony mit dem Dankesbrief, den Walter Jens 1999 geschrieben hat. Das kleine Foto zeigt Jens beim Besuch der Auricher Schüler In Tübingen. (Fotos: Recke, privat)

aik Aurich. Josef Antony erinnert sich noch genau. Es war im April 1999, vor jetzt über 14 Jahren. Vier Schüler der Auricher Berufsbildenden Schulen II und des Ulricianums besuchten das Ehepaar Inge und Walter Jens in deren Haus in Tübingen. [2]

„Sie waren unendlich freundlich, es gab Tee und Kuchen", sagte Antony, Gründer und langjähriger Mitorganisator der Auricher Wissenschaftstage, gestern im ON-Gespräch.

Am vergangenen Sonntag ist Walter Jens im Alter von 90 Jahren gestorben. Der Rhetorik-Professor galt seit der Nachkriegszeit als einer der herausragenden Intellektuellen in Deutschland.

Wie Antony den ON berichtete, entwickelte Jens seit dem ersten Kontakt auch eine durchaus enge Verbindung zu Aurich.

Wie so oft hatte Antony sich Ende der 1990er-Jahre „getraut", auch dem großen Walter Jens einen Brief zu schreiben. „Bald schon kam die positive Antwort und die Einladung nach Tübingen", erinnert sich Antony. Beim ersten Besuch der Auricher „Stipendiaten“ in Tübingen gab es dann eine durchaus bewegende Szene: Nachdem Jens Ernst Blochs Geschichte von dem kleinen „Hütebuben" namens Johann Gottlieb Fichte, der durch einen wohlmeinenden reichen Herrn zu Bildung kam, erzählt hatte, nahm Jens die ostfriesischen Schüler in den Arm und sagte: „Ich komm Euch besuchen in Aurich!“

Gesagt, getan: Am 2. Juli 1999 sprach Jens in Aurich zum Thema „Wer am meisten red‘t, ist der reinste Mensch – Nachdenken über Fontane“. [3] Antony, der den Rhetorik-Professor am Bahnhof in Leer abgeholt hatte, erinnert sich: „Das war spitzenmäßig, ganz lebendig!“

Der damalige Oberkreisdirektor Walter Theuerkauf hatte als „Rahmenprogramm“ für den großen Denker eine Tour durch Ostfriesland organisiert: Es ging nach Schloss Lütetsburg, zu einem Orgelkonzert in die Norder Ludgerikirche und schließlich zur Familie Kempe auf die Osterburg in Groothusen. Übernachtet hatte Jens im Auricher Piqueurhof.

Offenbar hat es ihm sehr gefallen. Jedenfalls schrieb er hinterher einen ganz persönlichen Brief an Josef Antony: „Aurich leuchtet noch immer, es waren hinreißende Tage!", schwärmt der ehemalige Präsident der Schriftstellervereinigung „P.E.N.“ darin.

Wegen dieser offensichtlichen Begeisterung für Ostfriesland und vor allem für die Auricher Wissenschaftstage kam Jens 2003 noch einmal wieder - und eröffnete zusammen mit seiner Frau Inge die 14. Wissenschaftstage in der Kundenhalle der Auricher Sparkasse mit einem Vortrag über Thomas Mann. [4] „Er mochte Land und Leute“, erinnert sich Josef Antony.

Doch 2003 waren die ersten Vorboten der Demenz-Erkrankung, die kurze Zeit später publik wurden, aufmerksamen Beobachtern schon erkennbar. „Da haben wir was gemerkt", erinnert sich Josef Antony. „Er hatte nicht mehr den Witz und Charme, die intellektuelle Schärfe von 1999.“ In Erinnerung behalten werden die Auricher Walter Jens allemal. Als einen der beeindruckendsten Gäste der Wissenschaftstage.

Anmerkungen

[1]

Ein Scan des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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[2]

[3]

Ankündigung des Vortrags im Programm 1999

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[4]

Ankündigung des Vortrags im Programm 2003; es gibt auch ein Foto von Walter Jens bei der Eröffnungsveranstaltung.

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