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Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 10. April 2013, S. 8 [1]

Spaziergang auf dem See aus Asphalt

Meint-Hilmar Broers von der BBS 2 und Jan Trebesch vom Gymnasium Ulricianum forschen auf Trinidad

Foto einer Vogelspinne, 34 k

Die beiden Auricher entdeckten auf Trinidad bei den „Maracas Falls“ unter anderem eine riesige Vogelspinne. (Fotos: privat)

Aurich/Trinidad. Unser Erlebnis auf Trinidad geht weiter. Die meiste Zeit verbrachten wir bisher damit, die Guppyfische zu beobachten und soziale Netzwerke zu erstellen. Wir sind inzwischen sehr routiniert. Morgens pünktlich um 9 Uhr heißt es Abfahrt. Jeden Tag marschieren wir rund eine Stunde durch den „primary rain forest“ der Region Valencia. Unsere Aufgabe sah nicht nur vor, dass wir im Regenwald mithelfen. Dort arbeiteten wir unter anderem als Zeitgeber für diverse Messungen. Andererseits schreiben wir auch die Beobachtungen in codierter Form auf. Unsere Aufgabe wurde später ergänzt.

Doktorand Romain Clement gab uns eine Einweisung, wie wir diese erhobenen Daten in Excel-Tabellen für die weitere Analyse und Verarbeitung einzutragen hatten. Seitdem machen die Datenerhebung und deren Aufbereitung einen Großteil unseres Tagesablaufes aus. Im Laufe der Woche führten wir dann weiterhin diverse Manipulationen, also die Anhebung beziehungsweise Absenkung des Wasserstandes, durch. Ziel war, herauszufinden, ob und wenn ja, wie sich das Verhalten der Tiere durch den Eingriff verändert.

Wir hatten diese Experimentreihe inzwischen abgeschlossen und beschäftigen uns fortan mit neuen Methoden, um die Guppys zu analysieren. Dabei konzentrierten wir uns nun nicht mehr auf ihr Verhalten und ihre soziale Interaktion, wie es vorher bei den Netzwerken der Fall war. Jetzt führten wir an den Fischen sogenannte Persönlichkeitstests durch.

Logo zur Reihe, 17k

Im Wesentlichen wurden dabei Reaktionen einzelner Fische auf verschiedene Situationen analysiert. Dazu gehörte unter anderem die Fragestellung, wie schnell ein Guppy wieder zu fressen beginnt, wenn er in einem neuen Lebensraum ausgesetzt wurde.

Wir haben es uns inzwischen angewöhnt, nicht nur die freien Tage für Expeditionen zu nutzen. Wenn wir nicht forschen, dann gehen wir auch an den Abenden auf Erkundungstour. An so einem Abend entschieden wir uns, einen nächtlichen Trip zu den Maracas Falls zu machen. Mit rund 90 Metern Höhe sind sie die höchsten Wasserfälle Trinidads. Unser eigentliches Hauptziel war es, den Stummelfüßler (Velvet-Worm oder Onychophora) zu finden, ein seltener, eigenständiger Tierstamm, der im Prinzip Würmern mit Beinen entspricht. Doch auf dem steilen Weg durch den Wald zu den Wasserfällen fanden wir bereits zahlreiche, verschiedene und interessante Spezies. Darunter Spinnen, Skorpione, Aga-Kröten. Besonders beeindruckt waren wir von den riesigen Vogelspinnen, die wir an den Bäumen entdeckten.

Bei den Fällen angekommen, machten wir uns dann in der sumpfigen Umgebung auf die Suche nach den Stummelfüßlern, die Feuchtigkeit lieben, hatten jedoch kein Glück. Nichtsdestotrotz fanden wir zwei farbenprächtige Geckos und wurden mit dem Anblick der Wasserfälle im Mondschein belohnt. Auf dem Rückweg von unserer Tour entdeckten wir außerdem eine „Coffee Snake“ und einen Oil-Bird, einen der wenigen Vögel weltweit, die sich wie Fledermäuse mithilfe von Echos orientieren.

An einem anderen freien Tag besuchten wir den Pitch Lake im Nordwesten der Insel, einen See aus Asphalt, der aus dem Boden austritt. Nach einer Stunde Autofahrt kamen wir schließlich in La-Brea, das Dorf, das an dem See liegt und auch nach diesem benannt ist (spanisch für Teer). Nach einer Führung erkundeten wir den See auf eigene Faust. Der größte Teil seiner Oberfläche besteht aus festem Asphalt. Man sinkt dort nur leicht ein. Doch andere Stellen sind extrem gefährlich, da der Asphalt noch flüssig ist. Zudem hatte der flüssig austretende Asphalt eine hohe Temperatur. Während unserer Tour erfuhren wir, dass dieser See der einzige von Dreien weltweit sei, zwei weitere liegen in Venezuela und nahe Los Angeles in den USA. Rund um den See befindet sich sumpfartiges Gebiet mit verschiedenen Pflanzen und sogar einigen Kaimanen.

Insgesamt liegt der See jedoch viel tiefer als der Rest der Umgebung, da auch in Trinidad der Asphalt des Sees gefördert wird. Der geförderte Asphalt zählt zu den besten weltweit und wird u. a. auch nach Deutschland exportiert. Nach der Tour nutzten wir eine weitere Besonderheit dieses Asphaltsees aus, seine im ausgehärteten Teer befindlichen Wasserbassins. Diese sind durch die Sonne und den Schwarzen Teer angenehm warm und zusätzlich gut für die Haut und angeblich heilend bei z. B. Rheuma. Zugeschrieben werden ihnen diese Eigenschaften aufgrund ihres hohen Schwefelgehalts. Der Schwefel gelangt aus dem See in das Wasser und lagert sich sogar teilweise in richtigen Kristallen als Salz ab. Für uns Forscher bekam der See dann wieder eine auf unser Projekt bezogene Bedeutung. Denn in den Bassins lebt eine spezialisierte Guppy-Population. Sie kommen sehr gut mit der enormen Hitze klar. Nachdem wir diese Fische ein wenig beobachtet hatten, fielen uns einige Geier auf, die am Ufer des Sees standen. Sie warteten darauf, dass Tiere im Teer steckenbleiben und sie diese dann fressen konnten. Am Nachmittag machten wir uns dann auf zu unserem Apartment.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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ON 06.04.2013 | Seitenanfang