Logo der Berufsbildenden Schulen 2 Aurich

Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

Logo des Ulricianums

Aufenthalte bei der ZEIT in Hamburg (I)

Praktikumsbericht

Praktikum bei der ZEIT in Hamburg
vom 2. bis zum 20. Juni 2003
Von Claudia Kolbeck

Mit den Eindrücken meiner Arbeit bei der „Ostfriesen Zeitung" (OZ), einer lokalen Tageszeitung, fuhr ich am 2. Juni zu meinem Praktikum im Ressort „Wissen" der überregionalen Wochenzeitung DIE ZEIT. Schon an meinem ersten Tag dort war ich in vielerlei Hinsicht überrascht: Damit, dass die Produktion der Zeitung sehr viel aufwendiger ist als die der OZ, hatte ich gerechnet. Dass für die sehr viel umfangreicheren Artikel mehr und gründlichere Recherche nötig ist, konnte ich mir auch denken.
Aber nicht nur diese Faktoren, auch die ganze Planung und die „Alltagsarbeit" unterscheiden sich immens von der Vorgehensweise in einem lokalen Blatt: Es gibt kaum Pressekonferenzen oder Termine, zu denen man geht, ein Foto macht und schließlich einen Artikel schreibt. Die Recherche, das Planen und das Artikelschreiben haben einen ganz anderen Ablauf.

In den Artikeln des Ressorts „Wissen" geht es um Themen der Medizin, Naturwissenschaft, Technik, Informatik, Archäologie, Umwelt, Bildung und Psychologie. Dem entsprechend sind auch die neun Redakteure des Ressorts für unterschiedliche Fachgebiete zuständig.
Eine Woche bei der ZEIT hat unter normalen Produktionsbedingungen (das heißt, wenn die Arbeitswoche nicht durch einen Feiertag verkürzt oder ein Spezial zu einem bestimmten wissenschaftlichen Thema geplant ist) einen bestimmten Ablauf:
Mittwochs beginnt im Ressort „Wissen" die Produktionswoche für eine neue Ausgabe. Das Ganze startet morgens mit der Ressortkonferenz. Dabei sind alle Redakteure des Ressorts und zeitweise freie Autoren oder Pauschalisten anwesend. Geplant werden Themen und Artikel für die kommende Ausgabe. Neben Aufmacher, Portrait und Glosse, die in der Regel in jedem „Wissen"-Teil erscheinen, versucht man neben den einzelnen wissenschaftlichen Themengebieten möglichst viele Bereiche des journalistischen Genres abzudecken, wie zum Beispiel Interview, Reportage oder Kommentar. Die Redakteure besprechen in dieser Runde zusätzlich Ideen für spätere Ausgaben und stellen Texte von Fremdautoren vor. Gegen Ende der Sitzung teilen die Redakteure die Arbeit unter sich auf: Recherche, Redigatur bereits vorhandener Texte, Telefonate mit freien Autoren wegen bestimmter Änderungen in ihren Texten usw.
Den Rest des Tages verbringen die Redakteure mit Recherche oder der Korrektur bereits vorhandener Texte. Der Blattmacher geht indessen nachmittags zur Layout-Konferenz. Dort bespricht er mit dem Artdirektor, Bildredakteuren, Infographikern und Layoutern das zu bestellende Bildmaterial für die kommende Ausgabe. Gemeinsam planen sie die Aufmachung der Artikel und überlegen, ob ein Foto, eine Illustration oder eine Infografik den Inhalt am besten hervorhebt. Ausgehend von dieser Planung werden dann in der Layout-Abteilung Entwürfe der Seiten angefertigt.
Den Donnerstag verbringen die Redakteure ebenfalls mit Recherche, dem Schreiben ihrer Texte oder der Korrektur fertiger Artikel. Für den Blattmacher geht's in der Zeit zur Blattmacher-Runde, in der mit der Chef- und der Bildredaktion das Layout der letzten Ausgabe besprochen wird.
Neben der Text- und Recherche-Arbeit steht am Freitag die „Große Konferenz" auf der Tagesordnung: Dort wird in großer Runde mit allen ZEIT-Redakteuren die nächste Ausgabe geplant, indem die jeweiligen Ressortleiter ihren Themenplan vorstellen. Oft gibt es in dieser Runde außerdem – von einem Redakteur oder einem geladenen Gast – eine Blattkritik.
Montag und Dienstag sind dann die Hauptproduktionstage im „Wissen"-Ressort. Alle zur Publikation bestimmten Texte werden fertig gestellt, inhaltlich und auf Länge redigiert. Bis zur endgültigen Fassung werden alle Seiten vier Mal gelesen: Hat der jeweilige Autor seinen Text fertig geschrieben, stellt er das Manuskript in den Produktionsplan, sodass zwei weitere Redakteure den Text redigieren können. Danach liest das Korrektorat den Artikel auf Fehler. Bevor die Seiten dann endgültig zum Druck freigegeben werden, werden sie nochmals von mindestens zwei Personen gegen gelesen.

Konferenzraum, 41 k

Konferenzraum des Ressorts „Wissen" mit dem Produktionsplan (Magnetwand)

Meine Aufgaben im Ressort waren unterschiedlicher Natur: Aus wissenschaftlichen Magazinen, Online-Veröffentlichungen und Pressemitteilungen habe ich Meldungen für die Rubrik „Erforscht und Erfunden" herausgesucht und geschrieben. Ein Kriterium bei der Auswahl der Meldungsthemen ist die Aktualität. Man sollte aber auch vermeiden, dass eine andere Wochen- oder Tageszeitung die Meldungen veröffentlicht, bevor sie in der ZEIT publiziert wurden.
Ich war an der Recherche für ein geplantes Spezial beteiligt und habe dafür Tabellen erstellt. Außerdem durfte ich an Ressort-, Layout-, Blattmacher- und den großen Konferenzen teilnehmen.
Für Statistiken habe ich Übersichten über Aufmacher und ihren Fachbereich in der Zeit von 2001-2003, Portraits von Wissenschaftlern von 2000 bis 2003 und Spezial-Themen seit 2000 im „Wissen"-Teil angefertigt.

Redakteur-Arbeitsraum, 40 k

in einem der typischen Redakteur-Arbeitsräume des Ressorts „Wissen“

Besonders interessant in meiner Praktikumszeit fand ich vor allem die Planung und die Entstehung der Zeitung, die ich aus der Tageszeitungs-Redaktion ganz anders kennen gelernt habe. Die Redakteure der ZEIT haben durch die wöchentliche Veröffentlichung die Möglichkeit, sich viel intensiver mit einem Thema zu beschäftigen, sie haben Zeit sich über Hintergründe zu informieren und den Artikel an sich vielseitiger zu gestalten. Es geht nicht allein um eine Neuigkeit oder die Meinung eines Experten. Die Autoren sind in der Lage, ein Thema distanziert und kritisch zu beleuchten und verschiedene Positionen von Wissenschaftlern einzuholen.
Weiter haben die Redakteure durch die Layout-Abteilung unglaublich viele interessante Möglichkeiten, eine Seite zu gestalten und den Inhalt auch auf der kreativen Ebene darzustellen. Bei einer lokalen Tageszeitung hingegen hat man meistens nur die Option, ein Foto verschieden zu positionieren.

Foto mit Redakteur Harro Albrecht, 47 k

mit „Wissen"-Redakteur Harro Albrecht,
hauptsächlich zuständig für Medizin-Themen, vor dem Themenplan

Insgesamt hat mir das Praktikum im Ressort „Wissen" sehr viel Spaß gemacht. Ich habe viele interessante Einblicke in die redaktionelle Arbeit der ZEIT bekommen und hatte zahlreiche Möglichkeiten, den Mitarbeitern über die Schulter zu schauen.
Die Redakteure haben mir außerdem in Gesprächen sehr viele für mich sehr nützliche Tipps gegeben, was die Laufbahn eines Journalisten angeht (keiner der Redakteure im „Wissen"-Ressort ist direkt über den Weg des Journalistik-Studiums zur Zeitung gekommen). Letztendlich hat sich mein Berufswunsch Journalismus bestätigt.

ZEIT-Praktika | Seitenanfang