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Aufenthalte im Bereich Organische Chemie der Ludwig-Maximilians-Universität München (II)

Praktikumsbericht

Praktikum im Bereich Organische Chemie der LMU München
vom 7. bis zum 18. Dezember 2009
Von Claudia Diehl

Vom 07.12.2009 bis zum 18.12.2009 habe ich im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage ein Praktikum an der Ludwig-Maximilians-Universität in München im Arbeitskreis von Prof. Dr. Carell im Fachbereich der organischen Chemie absolvieren können.

Der Arbeitskreis von Prof. Dr. Carell befasst sich hauptsächlich mit der Untersuchung von natürlich auftretenden Schädigungen der DNA, wie beispielsweise eine Veränderung der ursprünglichen DNA durch Umwelteinflüsse wie UV-Strahlung, freie Radikale oder Oxidation. Von bestimmten „Schäden“, also Deformationen der DNA ausgehend, untersuchen die Mitarbeiter des Arbeitskreises im Bereich der Grundlagenforschung die Folgen eines DNA-Schadens für die DNA-Replikation sowie für die Proteinsynthese. Des Weiteren wird die Wirkungsweise von speziellen DNA-reparierenden Enzymen erforscht.
Während meines Praktikums lernte ich in einem Rundgang durch die Labore des Arbeitskreises die einzelnen Schritte von der zu erforschenden Fragestellung bis zur abschließenden Klärung der Wirkungsweise eines DNA-Schadens kennen.

Der grundsätzliche Arbeitsablauf der Bearbeitung eines Projektes umfasst sieben verschiedene Arbeitsphasen:
Zunächst wird eine noch nicht untersuchte Fragestellung, beispielsweise die Untersuchung eines speziellen DNA-Schadens (alternativ auch eines bestimmten Enzyms oder der DNA oder RNA einer bestimmten Zellart), ausgewählt.
In der folgenden Arbeitsphase wird nun eine Synthesemethode dieses speziellen DNA-Schadens entwickelt sowie anhand dieser Methode eine bestimmte Menge einer schadhaften Nukleinbase synthetisiert. Diese Synthese erfordert in der Regel eine Abfolge von 15- 20 Teilschritten, bis das gewünschte Produkt entsteht. Da jedem einzelnen Teilschritt der Synthese auch noch eine sorgfältige Aufreinigung folgt, benötigt man allein für die Synthese eines DNA-Schadens bei bekanntem Mechanismus oft einige Wochen.
Nach Abschluss der Synthese werden mit Hilfe eines DNA-Synthesizers DNA-Stränge einer bestimmten Basenfolge, die auch die schadhafte Base enthält, hergestellt.
Die zwangsläufig entstandene Produktmischung, da nicht immer alle Stränge vollständig entstehen, wird im Anschluss per HPLC (Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie), einer sehr effektiven Methode zur Aufreinigung und Analyse von Stoffgemischen, aufgetrennt und die gewünschten DNA-Stränge isoliert aufgefangen. Diese werden im Anschluss aus der Flüssigphase in eine feste Phase überführt, beispielsweise durch Sublimation unter Vakuum.
Nun werden einige analytischen Messungen an den DNA-Strängen vorgenommen:
Zunächst wird überprüft, ob die Masse des tatsächlichen Produkts mit der des Wunschprodukts übereinstimmt, also ob es sich tatsächlich um das Wunschprodukt handelt. Des Weiteren wird überprüft, ob die DNA-Stränge sich über Wasserstoffbrückenbindungen zu Doppelsträngen zusammengefügt haben, indem die Absorption des Produkts bestimmt wird. Schließlich wird noch festgestellt, ob die DNA-Struktur mit der in der Natur häufigsten Struktur b übereinstimmt und nicht etwa die Struktur a oder die Struktur z aufweist.
Sind diese Analytiken abgeschlossen, kann die eigentliche Untersuchung der Wirkweise des DNA-Schadens beginnen. Dafür wird beispielsweise der DNA eines Bakteriums eine bestimmte Sequenz entnommen, statt derer dann die zuvor synthetisierte DNA eingesetzt wird. Eine Beobachtung der Bakterienkolonie sowie der Transkription eines einzelnen Bakteriums kann dann Aufschluss darüber geben, wie bestimmte replizierende oder transkribierende Enzyme auf den Schaden reagieren – ob sie an ihm stoppen und die Arbeit dort abbrechen, ob sie die schadhafte Base überlesen, was zu einer Delektion, d. h. einer Basenverschiebung innerhalb der DNA-Sequenz, führt oder ob sie gegenüber des Schadens die richtige oder aber eine falsche Base einsetzen.
Letztlich soll festgestellt werden, ob und in welcher Hinsicht durch den DNA-Schaden das in der Genexpression gebildete Protein Schaden in seiner Struktur nimmt. Ist dies erforscht, können schließlich die Ergebnisse veröffentlicht werden. Eventuell finden diese Erkenntnisse in zukünftigen Medikamenten, beispielsweise gegen Krebs, Anwendung.

Während meines Praktikums konnte ich im Bereich der organischen Chemie an der Synthese verschiedener DNA-Schäden mitarbeiten. Wichtige Teilschritte der arbeitsaufwändigen Synthese sind die Anbringung von Schutzgruppen an reaktiven Teilgruppen oder Atomen des Eduktes, die ansonsten unbeabsichtigt reagieren würden, ihre Struktur jedoch behalten sollen.
Um im folgenden Beispiel, an dem ich während meines Praktikum mitarbeitete, die NH2-Gruppe zu schützen, wird in einem Teilschritt diese Aminogruppe mit Pivaloylchlorid zur Reaktion gebracht, bei der sich die beiden Edukte unter Abspaltung eines Protons und eines Chloridions addieren, sodass die Aminogruppe in den folgenden Reaktionen durch die Schutzgruppe von einer Reaktion abgehalten wird:

Strukturformeln, 15 k

Aufgrund der Empfindlichkeit der Substrate ist es dabei notwendig, dass alle Reaktionen unter Schutzgasatmosphäre, zum Beispiel in Argon, ablaufen, da bei Kontakt mit Wasser oder Sauerstoff die Substrate Konkurrenzreaktionen eingehen würden.
Nach dem Ende der Reaktion, die bei Raumtemperatur innerhalb von zwei Stunden abläuft, muss das Reaktionsgemisch aufgereinigt werden, da man nicht davon ausgehen kann, dass nur diese eine Reaktion abläuft. Der erste Reinigungsschritt ist das Ausschütteln, bei dem polare unerwünschte Substanzen abgetrennt werden. Im Anschluss wird das in Lösungsmittel gelöste Substrat ausgetrocknet, indem MgSO4 dem Lösungsmittel beim Ausschütteln eventuell entstandenes Wasser entzieht.
Schließlich wird das Produktgemisch noch gefiltert und säulenchromatographisch aufgereinigt. Dabei wird auf eine feste Phase, in diesem Fall das polare Kieselgel, das Produktgemisch aufgetragen und mit einem unpolaren Fließmittel als mobile Phase durchgespült. Aufgrund verschiedener Polaritäten trennen sich die einzelnen Produkte der Mischung auf und können in Fraktionen aufgefangen werden. Mit einer Dünnschichtchromatographie wird dann nachgewiesen, welche Fraktion das gereinigte Wunschprodukt enthält, das dann das Ausgangsprodukt für die nächste Teilrektion ist.

Gelelektrophoreseapparatur, 21 k

Gelelektrophoreseapparatur
(Quelle: Wikipedia)

Im Bereich der Biochemie konnte ich unter anderem die Methode der Gelelektrophorese kennen lernen, mit der festgestellt werden kann, ob ein schadhafter DNA-Strang auch noch an und nach dem Schaden verlängert wird. Dazu werden zunächst schadhafte DNA-Stränge mit bestimmten Polymerasen sowie mit je einer Basenart (G/C/A/T) zusammengegeben, um dann festzustellen, ob die Polymerase die richtige oder eine falsche Base zuordnet.
Für diese analytische Methode wird zunächst ein Polyacrylamid-Gel hergestellt, das ein sehr engmaschiges Netz ausbildet. Ist das Gel ausgehärtet, werden die Geltaschen mit einer Pufferlösung ausgespült sowie die Gelelktrophoreseapparatur mit Pufferlösung befüllt. Dann werden die Substanzen vorsichtig in die Geltaschen eingespritzt und die Elektrophorese durchgeführt. Während der Elektrophorese bildet sich ein elektrisches Feld aus, das bewirkt, dass die Anionen zur positiv geladenen Anode und Kationen zur negativ geladenen Kathode wandern. Abhängig von der Polarität sowie der Teilchengröße der Substrate wandern diese verschieden schnell, sodass man im konkreten Fall am Ende der Elektrophorese eine Auftrennung der verschiedenen DNA-Fragmente in Abhängigkeit von ihrer Basenlänge erhält. Betrachtet man diese Fraktionen, kann man ihnen nun entnehmen, welche Basen die Polymerase dem Schaden zugeordnet hat und somit, wie sich der Schaden in der Proteinbiosynthese auswirkt.

Zusammengefasst war das Praktikum an der Ludwig-Maximilians-Universität in München im Arbeitskreis der organischen Chemie für mich sehr lohnend. So konnte ich die wissenschaftliche Arbeit in der organischen Chemie realitätsnah erleben und erhielt einen umfassenden Überblick über die Tätigkeit des Arbeitskreises. Inhaltlich hat mir dieses Praktikum Einblick in eine Thematik gegeben, die im Schulunterricht im Prinzip nicht behandelt wird, jedoch sehr interessant ist, da sich die organische Chemie unter anderem auf molekularerer Ebene mit Körperfunktionen wie der Wirkungsweise von Enzymen befasst.
Schließlich konnte ich während meines Praktikums in München auch einige chemische Grundvorlesungen besuchen und erhielt ausführliche Informationen zum Chemiestudium, sodass ich auch einen Einblick in den Ablauf eines Chemiestudiums bekam.

An dieser Stelle möchte ich mich bei all meinen Betreuern bedanken, die mir während der zwei Wochen in einer Mischung aus Theorie- und Praxiseinheiten ihre Arbeit präsentiert haben und sich dabei sehr viel Zeit für spontane Führungen, detaillierte Erklärungen und die Beantwortung meiner Fragen nahmen. Insbesondere möchte ich Frau Voß danken, die den konkreten Ablauf des Praktikums plante und meine Hauptansprechpartnerin im Arbeitskreis war.
Schließlich gilt mein Dank der Sparkasse Aurich-Norden, die mit der Förderung der Auricher Wissenschaftstage mir dieses Praktikum erst ermöglicht hat, sowie Herrn Stracke, der als Organisator für Praktika im Rahmen der Wissenschaftstage den Kontakt zur LMU hergestellt hat.

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