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Aufenthalte an der Universidad Autonoma de Madrid (I)

Praktikumsbericht

Praktikum an der Universidad Autonoma de Madrid
vom 1. bis zum 12. Oktober 2018
Von Julia Heiken und Nadine Knoth

Kleiner Teil des Campus, 19 k

Nur ein kleiner Teil des riesigen Campus. Die Facultad de Ciencias, in der wir unsere Zeit verbrachten

Am 31. September 2018 begann unser Abenteuer. Wir, das sind Nadine Knoth (Gymnasium Ulricianum) und Julia Heiken (BBS 2), befanden uns auf dem Weg nach Madrid. Voller Vorfreude, was uns die nächsten zwei Wochen erwarten würde, und auch ein wenig nervös, trafen wir, am Flughafen angekommen, zum ersten Mal auf Dr. Dirk Ortgies, der uns zu unserer Unterkunft im Wohnheim der Universität begleitete. Bereits während der Fahrt wurde klar, dass unsere Anspannung unberechtigt war, wir fühlten uns super aufgehoben und willkommen.

Der nächste Tag begann mit einer Führung über das Gelände der Universität Autonoma. Dr. Ortgies zeigte uns die verschiedenen Trakte und Gebäude, wobei er auch über den geschichtlichen Hintergrund sprach. Denn anhand der Bauweise und Abgelegenheit der Uni lässt sich noch immer die Furcht des früheren Diktators Franco vor einer Auflehnung der gelehrten Studenten erkennen. Vor allem die auffällig vielen Treppen und Winkel im Gebäude sind markant. Am Ende der Führung landeten wir schließlich im Modulo 4, dem sogenannten „Edificio de Sciencias“. In diesem befinden sich die Labore, Arbeitsräume der Forschungsgruppen und Büros, in denen Dr. Ortgies, dessen Arbeitsalltag als Doktor der Chemie wir kennenlernen durften, seine Zeit verbringt.

Nach einer Präsentation und Einführung in seine Arbeit, die sich mit der Veränderung und den vielen verschiedenen Verwendungszwecken von Nanopartikeln beschäftigt, durften wir noch am selben Tag durch die Veränderung der Oberfläche von Nanopartikeln auch einen Teil des Ablaufs im Labor erleben. Durch die minimale Größe befinden sich viele Atome des Kristalls an der direkten Oberfläche. Dies bewirkt, dass verschiedene Eigenschaften, wie Temperatur, pH-Wert oder Redoxpotenzial, gemessen werden können. Doch um dies durchzuführen, mussten wir zunächst einmal Nanopartikel synthetisieren.

Dieser Vorgang funktioniert nur in mehreren Schritten: zuerst wird ein Pulver aus vier verschiedenen Seltenerdenoxiden mit Trifluoressigsäure auf bis zu 80°C erhitzt. Dabei entstehen Trifluoracetate, also Salze. Im nächsten Schritt werden diese mit verschiedenen Lösungsmitteln erneut erhitzt. Die Lösungsmittel blockieren das Wachstum des Kristalls durch Ansetzen an der Oberfläche, sodass die Teilchen nur eine Größe zwischen 1 und 100 Nanometern erreichen. Letztlich entstehen Natriumfluoracetate, die dann mit die Form bestimmenden, dreifach positiv geladenen Seltenerden und einfach positiv geladenem Natrium unter Vakuumeinwirkung auf bis zu 100°C erhitzt werden. Bei einer Erhitzung auf bis zu 320°C wirkt das Gas Argon als Schutzatmosphäre.

Auch am nächsten Tag beschäftigten wir uns mit der Veränderung der Partikel im besonderen Hinblick auf die Fluoreszenz, welche durch die Auswahl der Seltenerden steuerbar ist. Außerdem führte Dr. Ortgies mit uns eine Spektroskopie durch, mit welcher die verschiedenen Nanopartikel, deren Eigenschaften und die Auswirkungen möglicher Veränderungen analysiert werden. Dabei wurden uns der Einfluss und der Nutzen seiner Arbeit immer bewusster. Denn er sprach auch über weitere Ideen, so zum Beispiel die Möglichkeit, Polymere, also auch Medikamente, an der Oberfläche der Nanopartikel anzubringen und „vor Ort“ durch Lasereinstrahlung und die dadurch entstehende Temperaturveränderung freizusetzen. Hauptsächlich beschäftigt sich Dr. Ortgies allerdings mit der Grundlagenforschung. Seine Forschung und seine Berichte dienen anderen Forschungsgruppen als Basis. Aber auch die Verbesserung bestehender Techniken durch Beleuchtung und Kontrast und die Ausnutzung der Fluoreszenz, sowie die Entwicklung neuer Techniken für Therapie und die Ermöglichung genauerer Diagnostiken nehmen einen großen Teil seiner Arbeitszeit in Anspruch.

Am nächsten Tag mussten wir das Produkt der Synthese vom Vortag, also die Nanopartikel, isolieren. Dazu müssen „Reste“, wie die Ölsäure oder Hexan, entfernt werden. Dies funktioniert nur durch mehrfaches Zentrifugieren. Also wogen wir ab, glichen aus und die Zentrifuge übernahm den Rest.

Geräteaufbau, 16 k

In der medizinischen Fakultät wurden ers­te Versuche zur Therapieentwicklung durch­geführt.

Die kommenden zwei Tage verbrachten wir in der medizinischen Fakultät der Universität, wo wir zwei praktische Versuche an Mäusen durchführten, um die Qualität der Nanopartikel zu testen. In dem ersten Testversuch spritzten wir einer tumorbefallenen Maus unsere Nanopartikel. Im zweiten Versuch führten wir dasselbe durch, nun aber an einer Maus, an der ein künstlicher Herzinfarkt eingeleitet wurde. Das Ziel dieser Versuche war es, die zuvor verabreichten Nanopartikel, die sich an dem geschädigten Gewebe absetzen sollten, nach kurzer Zeit mithilfe eines Lasers für uns sichtbar zu machen. Diese Versuche sollen einmal helfen, geschädigtes oder Tumorgewebe im menschlichen Körper schneller und genauer verorten zu können.

Am folgenden Freitag halfen wir beim Wiegen, In-Lösung-bringen und dem mehrfachen Zentrifugieren von Nanopartikeln. Hierzu benutzen wir eine äußerst genaue und empfindliche Waage, die schon auf kleinste Veränderungen im Versuchsraum, wie z. B. durch eine leichte Bewegung, ansprach. Bei solchen Arbeiten ist die Genauigkeit der Arbeit besonders wichtig, weshalb das Abwiegen teilweise etwas länger dauert und wiederholt werden muss. Durch diese Messungen bereiteten wir die Waage gleichzeitig für ihre weitere Nutzung in anderen Projekten vor.

Unsere Freizeit, vor allem am Wochenende, nutzten wir, um die vielen beeindruckenden Sehenswürdigkeiten und charmanten Seiten von Madrid und der Umgebung kennenzulernen. So bestaunten wir im „Museo del Prado“ und im „Centro de Arte Reina Sofia“ unter anderem Werke von Picasso und Goya, schlenderten durch die wundervolle Altstadt und erkundeten die umliegenden Städte San Lorenzo de El Escorial und Toledo.

In der zweiten Woche setzten wir unsere Arbeit fort. Gemeinsam mit Dr. Ortgies synthetisierten wir bestimmte Nanopartikel, wozu eine gewisse Vorgehensweise erforderlich ist und erhielten später im Büro ausführliche Erklärungen über das weitere Vorgehen mitsamt dem chemischen Hintergrund und den stofflichen Zusammensetzungen der Partikel. Nachmittags bekamen wir die Möglichkeit, uns eine weitere Universität Madrids, die „Universidad Complutense de Madrid“ und deren Forschungslabore und –einrichtungen anzuschauen.

Die folgenden Tage hielten wir zum Großteil im Labor auf. Wir verbrachten aber auch Zeit im Büro, wo Dr. Ortgies unser Wissen erweiterte und seine Arbeit erklärte. Er machte uns verständlich, dass seine Arbeit nicht nur aus der Forschung, sondern auch aus der Förderung und der Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlern und Professoren, sowie der Verwaltung seiner Gruppe und ihrer Laborarbeit bestand.

Geräteaufbau, 17 k

Hier wurden die verschiedenen Eigen­schaf­ten durch Spektrenerstellung analy­siert.

Geräteaufbau, 16 k

Die Wirkungsweise der Nanopartikel wur­de durch genaue Beobachtungen und an­schließende Analysen diskutiert und be­wer­tet.

Im Labor beschäftigten wir uns im Laufe der Woche damit, das Produkt der Synthese, die Nanopartikel, sowohl durch wiederholtes Zentrifugieren als auch durch anschließendes Entfernen der abgetrennten Flüssigkeit zu bearbeiten. Nach mehrmaliger Wiederholung dieses Vorgehens musste nur noch das Verdampfen im heißen Wasserbad oder in einem Ofen durchgeführt werden, um auch die restliche Flüssigkeit zu entfernen und die Nanopartikel vollständig zu isolieren. Mithilfe der Fluoreszenzspektroskopie, einem Spektroskopieverfahren der Analytischen Chemie, war es uns möglich, eine qualitative und quantitative Analyse unserer Nanopartikel durchzuführen. Bei dieser Spektroskopie wurden die spontanen Emissionen von Licht durch elektronische Übergänge nach nur kurzer Anregung unseres Lasers sichtbar, die bekannte Fluoreszenz.

Diese insgesamt zwei Wochen unseres Praktikums boten uns die Möglichkeit, die Arbeit an einer renommierten Universität in der Forschungsgruppe von Dr. Ortgies und außerdem viele hilfsbereite, nette Leute kennenzulernen. Darüber hinaus ermöglichte Dr. Ortgies uns einen beeindruckenden Einblick in den Arbeitsalltag eines Chemikers und erläuterte uns dabei auch seine akademische Laufbahn. Zusätzlich lernten wir viel über die vielfältigen Aufgabenbereiche eines Wissenschaftlers, die – anders als wir zuvor fälschlicherweise vermutet hatten – zu einem beträchtlichen Teil nicht nur aus Laborarbeit bestehen. Während der Zeit erhielten wir ebenfalls einen Einblick in die aktuelle Forschung an Nanopartikeln, aber auch den deren derzeitige Grenzen.

Durch die Abwechslung in unserem Stipendium haben wir sowohl außerordentlich viel theoretische als auch praktische Erfahrung sammeln dürfen und nahmen viele tolle Erlebnisse mit. An dieser Stelle möchten wir uns bei Dr. Dirk Ortgies bedanken. Unser herzliches Dankeschön richtet sich natürlich auch an die Auricher Wissenschaftstage, die uns diese einmalige Erfahrung ermöglicht haben.

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