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Auricher Wissenschaftstage –
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Artikel in der Ostfriesen-Zeitung vom 2. Mai 2017, S. 13 [1]

Vom Maus- zum Menschenhirn

WISSENSCHAFT Nobelpreisträger war zu Gast in Aurich

Dr. Bert Sakmann erklärte, wie Signale zwischen den Zellen übertragen werden. Dabei geht es auch um die Ursache von Entscheidungsprozessen.

Von Bettina Keller

Foto vom Vortrag von Prof. Dr. Bert Sakmann bei den 27. Auricher Wissenschaftstagen, 19 k

Dr. Bert Sakmann (Foto: Keller)

AURICH - Der Nobelpreisträger Prof. Dr. Bert Sakmann hielt zum Abschluss der 27. Auricher Wissenschaftstage einen Vortrag im Güterschuppen des Auricher Gymnasiums Ulricianum. Vor 180 Zuhörern sprach er über „Anatomische und funktionelle Verschaltungen im Gehirn von Nagern“.

Der 74-jährige Mediziner forscht bis heute am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried über die Signalübertragung zwischen Zellen. Zusammen mit Erwin Neher bekam er 1991 den Nobelpreis für die Entwicklung einer Methode zum direkten Nachweis von Ionenkanälen in Zellmembranen verliehen.

Was es damit auf sich hatte, erklärte Sakmann bei seinem Vortrag am Freitagabend. „Zur Erregung von Muskelzellen muss Strom fließen“, verdeutlichte der gebürtige Stuttgarter. Zusammen mit Neher habe er entdeckt, dass elektronische Vorgänge in unserem Körper durch das Öffnen und Schließen von sogenannten Ionenkanälen zustande kämen. Bei ihnen handle es sich um Proteine in der Zellmembran, vergleichbar mit Poren. „Durch sie fließen bei Stromstößen zwischen 5000 und 10 000 Natrium-, Kalium- und Chlorid-Ionen pro Millisekunde“, führte er aus.

Diese elektrische Aktivität bewirke im Gehirn, dass wir Entscheidungen treffen. „Jeder Bürger trifft etwa tausend pro Tag“, so der Nobelpreisträger. Die zugrundeliegenden Vorgänge seien bisher jedoch nur „zu einem ersten Teil“ aufgeklärt. Der spiele sich in der sensorischen Hirnrinde ab.

An Mäusen habe er erforscht, dass die Berührung eines einzigen Tasthaares ein zwei mal zwei mal drei Millimeter großes Hirnrinden-Areal aus neun Zellkolumnen mit je 500 bis 700 Zellen aktiviere. „Das herauszufinden, hat ungefähr zehn Jahre gedauert“, legte Sakmann offen.

Sakmann hat private Verbindungen zu Ostfriesland. Er freute sich, durch den Vortrag nach 56 Jahren endlich die Heimat seines ehemaligen Studienkollegen Willi van Loh aus Leer kennenzulernen. Vor dem Vortrag hatte sich der Wissenschaftler ins Goldene Buch der Stadt Aurich eingetragen.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar; die im Original begegnende Fehlschreibung des Namens des Referenten ist oben stillschweigend berichtigt.

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