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Auricher Wissenschaftstage –
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Artikel in der Ostfriesen-Zeitung vom 10. März 2017, S. 19 [1]

Für Kriege wurde immer eine Begründung gefunden

GESCHICHTE Hamburger Forscher hielt Vortrag bei den Auricher Wissenschaftstagen

Professor Dr. Bernd Wegner von der Helmut-Schmidt-Universität blickte zurück bis in die Antike. Heutzutage werde lieber vom „bewaffneten Konflikt“ gesprochen.

Von Maria Berentzen

Foto von Professor Dr. Bernd Wegner bei seinem Vortrag auf den 27. Auricher Wissenschaftstagen, 22 k

Professor Dr. Bernd Wegner sprach in Aurich über die Recht­fertigung von Kriegen. (Bild: Berentzen)

AURICH - Wer heutzutage einen Krieg beginnen möchte, muss sich etwas einfallen lassen. Reine Angriffskriege sind spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg verpönt, daher bedarf es für einen kriegswilligen Staat einer Reihe von Begründungen, die einen Angriff unausweichlich scheinen lassen. Das ist die These von Professor Dr. Bernd Wegner von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, der am Montag bei den Auricher Wissenschaftstagen zum Thema „Die Rechtfertigung des Krieges: Betrachtungen zu Kriegsgründen und Kriegsbegründungen“ sprach.

Vor rund 130 Zuhörern entwarf Wegner eine Kulturgeschichte der Kriegsbegründungen, die bis in die Antike zum Orakel von Delphi zurückreichte. „Ich möchte auf die Ähnlichkeiten der Begründungen in der Geschichte hinweisen“, sagte er. „Natürlich müssen sie jeweils in ihrem kulturellen Kontext verstanden werden.“ Viele Motive wiederholten sich aber, darunter beispielsweise die Idee, dass man mit einem Krieg dauerhaften Frieden schaffen könne.

In Europa beziehungsweise im europäisch geprägten Teil der Welt gelte Frieden heute als der Normalzustand, sagte Wegner. „Frieden muss man nicht begründen – Krieg dagegen schon.“ Das habe seinen Ursprung auch in der christlichen Ethik, mit der die Kirchenväter im Mittelalter verbindliche Normen entwickelt hätten, die sich auf die Idee von Frieden und Gerechtigkeit gestützt hatten.

Als die Macht der Kirche durch die Reformation allmählich abnahm, sei mit dem Westfälischen Frieden das Vertragsrecht an die Stelle der theologischen Gerichtsbarkeit getreten, die für Krieg immer auch eine Begründung gefordert habe. Das Vertragsrecht wiederum sei dann im Aufkommen von Bündnissen aufgegangen, die dazu geführt hätten, dass demokratisch legitimierte Staaten in der Regel keine Kriege gegeneinander führten.

Ob der moralische Zwang, eine Kriegshandlung zu begründen, nun aber tatsächlich dazu geführt habe, dass es weniger Kriege gebe, sei nicht abschließend untersucht, sagte der Professor. Er wies darauf hin, dass heutzutage beispielsweise die Vereinten Nationen den Begriff des Krieges schlicht vermieden, weil Krieg ein Tabu sei: „Stattdessen ist die Rede von friedenschaffenden Einsätzen oder von einem bewaffneten Konflikt.“ Dabei hätte man eine solche Situation früher als Krieg bezeichnet.

Vor dem Vortrag hatten Tobias Wohlgemuth und Gerrit Port von den Berufsbildenden Schulen II in Aurich von ihrem Stipendium berichtet: Sie hatten ein Praktikum am Kunsthistorischen Institut (Max-Planck-Institut) in Florenz gemacht und teilten ihre positiven Eindrücke von dort mit den Zuhörern im Güterschuppen.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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