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Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

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Artikel in der Ostfriesen-Zeitung vom 13. Februar 2017, S. 12 [1]

Ein Luther-Experte machte den Anfang

BILDUNG Dr. Friedrich Schorlemmer eröffnete am Freitagabend die 27. Auricher Wissenschaftstage

Der Theologe verlor in der Hauptstelle der Sparkasse Aurich-Norden nicht nur positive Worte über den bekannten Reformator.

Von Günther Niet

Foto von der Eröffnungsveranstaltung der 27. Auricher Wissenschaftstage 2017, 40 k

Viele Besucher waren ins Foyer der Sparkassen-Hauptstelle am Auricher Markt­platz gekommen. (Bild: Noglik)

AURICH - An Martin Luther kommt 2017 wegen des Reformationsjubiläums niemand vorbei. Daher hatten die Organisatoren der Auricher Wissenschaftstage zum Auftakt der 27. Veranstaltungsreihe mit Dr. Friedrich Schorlemmer am Freitag einen ausgewiesenen Luther-Experten eingeladen. Der evangelische Theologe, Politiker und ehemalige Protagonist der DDR-Opposition hatte erst kürzlich eine Biografie über den Reformator veröffentlicht. In einer Mischung aus persönlicher Verehrung, kritischer Sympathie gegenüber Luther und klarer Kritik an dessen Hasspamphleten und sprachlichen Entgleisungen gegen das Judentum skizzierte Schorlemmer in der Hauptstelle der Sparkasse Aurich-Norden am Auricher Marktplatz die facettenreiche und auch widersprüchliche Persönlichkeit des ehemaligen Augustinermönchs. Der Titel des Vortrags lautete „Martin Luther: Freiheitsgeist – Sprachgenie – Antisemit“.

Luther sei durchweg ein Sprücheklopfer und Schöpfer vieler bis heute bekannter Redewendungen gewesen, sagte Schorlemmer. „Doch nicht alles, was ihm zugetragen wurde, stammt auch tatsächlich von ihm.“ „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“, habe Luther zum Beispiel nie vor dem Reichstag in Worms gesagt, wo er 1521 seine Lehre widerrufen sollte. „Er hat sich aber so verhalten und Haltung bewiesen und sich als einzelne Person vor der kirchlichen und weltlichen Obrigkeit behauptet“, so Schorlemmer.

Luthers 95 Thesen wertete der Referent eher als Mönchsgezänk der damaligen Zeit ab, die man heute nicht mehr kennen müsse. Was Luther zu der Thesenveröffentlichung aufbrachte, sei das Geschäft der katholischen Kirche mit der Angst der Menschen vor Hölle und Fegefeuer gewesen, erklärte Schorlemmer. Gott habe man zum Schacherer degradiert, dessen Wohlwollen und Gunst man sich kaufen oder verdienen konnte. Für Luther sei nur die Bibel der Maßstab der Wahrheit gewesen. Je älter Luther geworden sei, desto kritischer müsse man seine Äußerungen beurteilen, räumte Schorlemmer am Ende ein. Sein radikaler Antisemitismus sei bis heute eine schwere Last für seine Kirche, „seine Gedanken über Freiheit und Wahrhaftigkeit sind dagegen aktueller denn je“.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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