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Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

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Artikel in der Ostfriesen-Zeitung vom 11. Februar 2015, S. 21 [1]

Suche nach dem Mörder nicht aufgegeben

VORTRAG Michael Buback sprach am Montag zum Auftakt der 25. Auricher Wissenschaftstage

Er ist der Sohn von Siegfried Buback. Der Generalbundesanwalt wurde 1977 von Terroristen erschossen.

Von Günther Niet

Foto von Michael Buback bei der Eröffnungsveranstaltung der 25. Auricher Wissenschaftstage, 43 k

Vor mehr als 30 Jahren wurde Michael Bubacks Vater von Terroristen ermordet. Wer den tödlichen Schuss abgegeben hat, ist bis heute nicht endgültig geklärt. (Fotos: Ortgies)

AURICH - Wer hat am 7. April 1977 seinen Vater, den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback, und zwei Begleiter im Dienstwagen ermordet? Wer hat vom Soziussitz eines Motorrads die tödlichen Schüsse abgegeben? Diese Fragen treiben fast 38 Jahre danach Michael Buback, der als Professor für Chemie an der Georg-August- Universität in Göttingen tätig ist, immer noch um. Am Montag sprach er darüber bei der Eröffnung der 25. Auricher Wissenschaftstage in der Schalterhalle der Sparkasse Aurich-Norden.

Nach seinen eigenen Untersuchungen, die er 2008 in seinem Buch „Der zweite Tod meines Vaters“ veröffentlichte, hat Verena Becker, ein führendes Mitglied der zweiten Generation der Roten-Armee-Fraktion (RAF), die tödlichen Schüsse abgegeben. Gegen sie sei nie intensiv ermittelt worden, obwohl viele glaubhafte Zeugen damals eine junge Frau bei dem Attentat auf dem Beifahrersitz eines Motorrades erkannt hätten, beklagte Buback in seinem Vortrag „Das Karlsruher Attentat im Spiegel des RAF-Terrorismus’ der 70er Jahre – Erkenntnisse eines Opferangehörigen und Nebenklägers“, in der er das blutigste Jahr der RAF Revue passieren lässt.

2010 gelang es Michael Buback als Nebenkläger, ein neues Verfahren gegen die schon zu lebenslanger Haft verurteilte Verena Becker in Gang zu bringen. Doch der Beweis für Beckers Schuld blieb aus. Sie wurde zu vier Jahren Haft wegen Mittäterschaft verurteilt. „Damit bleibt sie in dieser Angelegenheit für immer von der Strafverfolgung ausgeschlossen“, kritisierte Buback.

Er glaubt auch zu wissen, warum: Verena Becker war Informantin des Verfassungsschutzes und genoss wegen ihrer Einblicke in die RAF-Strukturen Schutz vor Strafverfolgung. Das sei auch im Gerichtsprozess klargeworden, da ihre Aussagen gegenüber dem Geheimdienst dem Gericht zum Teil vorenthalten worden seien.

Foto von der Eröffnungsveranstaltung der 25. Auricher Wissenschaftstage, 26 k

Ein gewohntes Bild bei der Eröffnung der Wisssenschaftstage: Die Schalter­halle der Sparkasse in Aurich war am Montagabend wieder voll besetzt.

Buback bezeichnete die gesamten Ermittlungen zum Mord an seinem Vater als einen großen Skandal. Die Strafverfolgungsbehörden hätten auf der ganzen Line versagt, wissentlich oder unwissentlich. Das erinnere ihn erschreckend an den NSU-Prozess gegen rechtsradikale Täter, sagte Buback. Auch da würden die Angehörigen wahrscheinlich die Wahrheit nie erfahren.

Viele Verena Becker belastende Zeugenaussagen seien nicht verwertet oder gar nicht zur Kenntnis genommen worden. Auch eine Gegenüberstellung mit der Terroristin habe es nie gegeben, beklagte Buback. Akten seien verschwunden, das bei dem Attentat verwendete Motorrad drei Jahre danach verkauft worden, und auch das Fluchtauto sei nicht mehr auffindbar. „Vieles blieb unter Verschluss, um die Wahrheit nicht ans Tageslicht zu bringen.“

Er selber könne jetzt eigentlich nichts mehr tun, resümierte der Göttinger Professor. Da Mord nicht verjähre, „müssen die Behörden ja weiter nach dem Mörder meines Vaters suchen“ ist Bubacks vage Hoffnung.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius einen kurzen Überblick über die Entstehung und Geschichte der Roten-Armee-Fraktion gegeben.

Wissenschaftstage

Der nächste Vortrag der Wissenschaftstage ist diesen Freitag um 19.30 Uhr im Güterschuppen. Prof. Dr. Olaf Lechtenfeld von der Leibniz-Universität Hannover spürt den „Grenzen des physikalischen Wissens“ nach.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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