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Artikel der Ostfriesen-Zeitung vom 27. Februar 2012, S. 10 [1]

Unternehmen nutzen Wissen der Masse

WISSENSCHAFT Berliner Professor sprach bei Auricher Wissenschaftstagen über Schwarmintelligenz

Das aus der Tierwelt bekannte Phänomen werde in der Forschung auch zunehmend bei Menschen ins Blickfeld genommen, so Jens Krause.

Von Günther Niet

Foto von Prof. Dr. Jens Krause, 22k

Professor Jens Krause von der Humboldt-Universität in Berlin. (Foto: Niet)

AURICH - Nicht erst seit der Existenz von Wikipedia, dem von Zehntausenden Menschen gemeinsam erstellten Internet-Lexikon, weiß man von der Intelligenz der Masse. Am Freitagabend sprach Professor Jens Krause von der Humboldt-Universität aus Berlin bei den 22. Wissenschaftstagen in Aurich über das Phänomen Schwarmintelligenz – einen Begriff aus der Tierwelt-Forschung.

Wer kennt nicht die verblüffenden Vogel- oder Fischformationen? Die Tiere bewegen sich in einem Kollektiv und reagieren auf äußere Einflüsse und Gefahren. „Die Schwarmintelligenz lässt sich als Verhalten von vielen Individuen charakterisieren, die nach ein paar einfachen Regeln handeln“, sagte der 47-jährige Verhaltensbiologe in der gut gefüllten Aula der Berufsbildenden Schulen in Aurich. Die Schwarmintelligenz sei eine Sonderform des kollektiven Verhaltens. Spezielles Wissen von Individuen führe zu intelligenten Verhaltensweisen in sozialen Gemeinschaften. Diese Gruppen, so die Ergebnisse der Schwarmforschung, zeichneten sich durch ein hohes Maß an Selbstorganisation, an Flexibilität und an Robustheit aus, so dass auch beim Schwächeln einzelner Individuen die gestellten Aufgaben erfüllt werden könnten.

Die Schwarmintelligenz werde inzwischen auch immer mehr im Verhalten der Menschen untersucht, berichtete der Hochschullehrer. Man wolle die Schwarmintelligenz als neuen Lösungsansatz für komplexe Probleme und Aufgabenstellungen in Unternehmen und in der Gesellschaft nutzen. Experimente mit Studenten und mit dem virtuellen „Robo-Fisch“ hätten gezeigt, dass Schwärme zu etwas fähig seien, wozu der Einzelne nicht in der Lage ist.

So seien Großunternehmen daran interessiert, sich Expertenwissen und kollektive Kreativität der Mitarbeiter zunutze zu machen und mehr auf kollektives Management zu setzen, erklärte der Referent aus Berlin, der auch am Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei arbeitet.

Als Beispiel dafür, dass Unternehmen auch externes Wissen einer Masse nutzen, nannte Jens Krause die Firma Lego. Diese animiere weltweit Lego-Freaks, mit den bunten Steinen neues Spielzeug für den Markt zu entwickeln. Dabei sollen die Akteure sich per Internet austauschen, um gemeinsam kreativ zu werden. Die Erfinder werden vom Unternehmen am Umsatz der neuen Lego-Spielzeuge beteiligt, sagte der Professor, der bei seinem Vortrag zahlreiche Grafiken und Computeranimationen einbaute.

Auch bei Evakuierungsplänen und bei der Organisation von Großveranstaltungen könne man auf die Erkenntnisse der Schwarmtheorie zurückgreifen, sagte der Professor.

„Die Schwarmintelligenz kann als Werkzeug dazu dienen, Lösungen zu finden“, sagte Professor Krause. Die Entscheidungen müssen jedoch immer noch individuell getroffen werden.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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