Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 7. März 2019, S. 6 [1]
Von Helmut Vortanz
Dr. rer. nat. Stefan Lehr vom Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) sprach in Aurich vor rund 100 Zuhörern. (Foto: Vortanz)
Aurich. Die kontinuierlich stark ansteigende Zahl der Diabetes-Patienten in Deutschland sowie die daraus folgende Belastung für das Gesundheitssystem erfordern dringlich die Entwicklung neuer Ansätze für entsprechende Therapien. Am Dienstagabend sprach Dr. rer. nat. Stefan Lehr vom Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage im Güterschuppen vor rund 100 Zuhörern zu dem Thema „Proteomanalyse – Eine neue Perspektive für die klinische Forschung“. Die Zielsetzung für das Forschungsteam besteht darin, einen Weg zu finden, Hinweise auf eine Diabetes-Erkrankung in einem sehr frühen Stadium zu identifizieren.
Die Zahlen sind laut Lehr alarmierend: In Deutschland gibt es aktuell mehr als acht Millionen Menschen mit Diabetes. Dies ist eine Steigerung von rund 40 Prozent seit 1998. Jeden Tag gibt es fast 1000 Neuerkrankungen. Mehr als 95 Prozent der Betroffenen leiden an Typ-2-Diabetes, wovon die Hälfte gut mit Gewichtsabnahme, Ernährungsumstellung und Bewegung behandelt werden könnten. Etwa 1,5 Millionen Typ-2-Diabetiker werden mit Insulin behandelt. Die Krankheit selbst und deren Folgeerkrankungen, wie Schlaganfälle und Herzinfarkte, Amputationen und Erblindungen verursachen im Gesundheitssystem Kosten von rund 35 Milliarden Euro pro Jahr. Der Typ-2-Diabetes wird in der Regel acht bis zehn Jahre zu spät diagnostiziert.
An diesem Punkt setzt die Forschungsarbeit des Teams des Referenten im Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie des DDZ an. Die Aufgabe der Arbeitsgruppen ist wie folgt definiert: Identifizierung von diagnostisch relevanten oder mit der Behandlung zusammenhängenden Marker-Proteinen. „Mit dieser Analyse und der Identifizierung von Bio-Markern steht die Forschung noch ziemlich am Anfang“, erläuterte Dr. Lehr. Die Proteine (Eiweiße) sind die wichtigsten Bestandteile der Zellen. Das Auslesen und Bestimmen der DNS (also der in einer Zelle vorhandenen Erbinformationen) erlaube es nicht, das Proteom (die Gesamtheit aller Zellen) ausreichend zu beschreiben. So sehen beispielsweise die Raupe und der Schmetterling aufgrund verschiedener Eiweiße völlig unterschiedlich aus, obwohl sie die gleiche DNA haben.
Die Herausforderung besteht darin, mit Hilfe hochauflösender Instrumente wie dem Massenspektrometer die Proteine darzustellen und mit abertausenden in einer Datenbank erfassten Proben zu vergleichen. Das gleicht, so der Referent, der Suche nach der Stecknadel in einem Heuhaufen. Am Ende sollte erklärt werden können, worin auf Molekülebene der Unterschied zwischen Gesunden und Kranken besteht. Erst dann können Ansätze für eine Früherkennung des Diabetes mellitus entwickelt werden.
Das DDZ hat gemäß Satzung die Aufgabe, auf Basis interdisziplinärer Forschung Beiträge zur Reduzierung der individuellen und gesellschaftlichen Belastung durch den Diabetes mellitus zu leisten. Die wissenschaftlichen Beiträge des DDZ sind konkret auf die Ziele der Verbesserung von Vorbeugung, Früherkennung, Diagnostik und Therapie des Diabetes mellitus und seiner Komplikationen sowie der Verbesserung der Datenlage zu dieser Krankheit in Deutschland ausgerichtet.
Durch den Abend führte Jasmin Möhlmeyer, Absolventin des 13. Jahrgangs an den Berufsbildenden Schulen 2 Aurich in der Fachrichtung Ökotrophologie. Sie absolvierte als Stipendiatin der Wissenschaftstage ein Praktikum in dem Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie. In einer kurzen Präsentation beschrieb sie ihre Erfahrungen während ihres zweiwöchigen Aufenthalts in Düsseldorf.
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