Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 6. März 2019, S. 6 [1]
Von Joachim Mittelstaedt
Professor Dr. Andreas Trumpp sprach vor rund 140 Zuhörern im Auricher Güterschuppen. (Foto: Mittelstaedt)
Aurich. Um Entwicklungen in der Krebsforschung ist es in einem Vortrag von Professor Dr. Andreas Trumpp vom Deutschen Krebsforschungszentrum gegangen. Er sprach im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage vor rund 140 Zuhörern. Die Forschung über die Entstehung und Behandlung von Krebs entwickele sich schnell. Besonders die Klärung über die Funktionen von Stammzellen mache dabei große Fortschritte. Stammzellen seien die wichtigsten Zellen des Körpers. „Stammzellen und Krebszellen“, so der Referent, „sind sich sehr ähnlich.“
Alle Mehrzeller verfügen über Stammzellen, die sich prinzipiell unendlich oft teilen und vermehren können. Jedes Gewebe oder Organ, von der Haut bis zum Blut, besitze solche Zellen. Das sei wichtig, damit Organe und Gewebe repariert und funktionstüchtig gehalten würden. Nach einem Sonnenbrand etwa müssten neu aufgebaute Zellen die abgestorbenen Hautteile ersetzen. Beeindruckend: Nach Aussage von Trumpp verliere jeder Mensch pro Woche rund 200 Gramm Zellmaterial, das durch neue Zellen ersetzt werde. Durch das Absterben dieser Zellen verliere man auch ständig erkrankte Teile. Und nur eine von 100 000 Zellen sei eine Stammzelle, die die Reparaturaufgaben anstoßen könne.
Bei der Therapie von Krebs, insbesondere Blutkrebs, sei die Unterscheidung, ob krebstragende Stammzellen aktiv oder ruhend seien, besonders wichtig. So seien aktive Krebs-Stammzellen empfindlich gegen Chemotherapie. Ruhende Stammzellen dagegen sind hochresistent gegen alle Krebstherapien wie Bestrahlungen oder Chemo. Ziel sei es nun, diese Resistenzen zu brechen, damit der Tumor empfindlich gegen medizinische Therapien wird.
Krebs sei eine genetische Erkrankung. Gründe für solche Krankheiten seien Vererbung, Umwelteinflüsse, das Alter und der Zufall. Oft könnten Krebsleiden vermieden werden. So sei Darmkrebs durch die entsprechende Vorsorge mit Darmspiegelungen zu 70 Prozent vermeidbar.
In der Behandlung von Krebserkrankungen werde die Therapie immer zielgerichteter. Um die kranken Zellen direkt angreifen zu können, müsse eine genaue molekulare Untersuchung des Patienten erfolgen. Trumpp: „Jeder Tumor und jeder Patient ist individuell.“ Daher sei auch eine individuelle Therapie notwendig. So könne man nicht nur erfolgreicher arbeiten, sondern auch viele schwerwiegende Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung ausschließen. Die komplexen Netzwerke des Lebens würden nach und nach immer besser entschlüsselt und verstanden. Man sei den Geheimnissen und Mechanismen von unkontrollierter Vermehrung kranker Zellen und ihrer Therapieresistenz auf der Spur. Das Ziel dabei sei natürlich, Strategien zu entwickeln, um Krebs- und Metastasenstammzellen aufzuspüren und erfolgreich bekämpfen zu können.
Die Moderation des Abends übernahmen wie immer Schüler. Tram Huynn, Hannah Schmidt, Luca Münzel und Laureen Hippen vom Auricher Gymnasium Ulricianum hatten im Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg hospitiert. Dabei, so stellten die Schülerinnen dar, hätten sie viele Forschungsgeräte und Analysemethoden kennengelernt. Auch Techniken wie die Vermehrung von Zellen auf Nährböden gehörten dazu. Nach ihrem kurzen Vortrag über diese Arbeit erhielten die Stipendiatinnen ein Lob von Professor Andreas Trumpp: „Das habt ihr sehr gut gemacht.“
Das Deutsche Krebsforschungszentrum Heidelberg verfügt über einen Krebsinformationsdienst. Kostenlos kann man sich dort unter Tel. (08 00) 4 20 20 20 oder per E-Mail an die Adresse krebsinformationsdienst@dkfz.de beraten lassen.
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