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Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 20. Februar 2016, S. 4 [1]

Fenster in den Körper

Gebürtiger Auricher Dirk Ortgies blickt mit Nano-Partikeln unter die Haut / Vortrag bei Wissenschaftstagen

Von Karin Baumann

Foto von Ph.D. Dirk Ortgies bei seinem Vortrag auf den 26. Auricher Wissenschaftstagen, 23 k

Der gebürtige Auricher Dr. Dirk Ortgies kehrte an seine ehemalige Schule zu­rück und referierte im Auricher Güter­schuppen über hybride Nano-Partikel und ihre mögliche Anwendung in der Medizin. (Foto: privat)

Aurich. Die Augen sind das Fenster zur Seele, sagt ein Sprichwort. Nano-Partikel könnten hingegen bald das biologische Fenster in den menschlichen Körper sein. Wie das technisch funktionieren könnte, beschrieb Dr. Dirk Ortgies am Donnerstagabend bei den Auricher Wissenschaftstagen.

Der gebürtige Auricher hat Chemie studiert und arbeitet nun an einem physikalischen Institut der Universität Madrid an medizintechnischer Grundlagenforschung. Ortgies’ Blick ist derzeit auf die Zellebene des Körpers gerichtet. Doch Zellen direkt im lebenden Körper zu erforschen, ist nicht so einfach. Die spanische Forschungsgruppe des Chemikers benutzt dafür Nano-Partikel, die sie in Organismen schickt. Der Fokus der Forschung lag bislang darin, Teilchen zu entwickeln, die von außen gut nachverfolgbar sind. Ein Weg dazu ist laut Ortgies die Verwendung von magnetischen Nanoteilchen. Durch Magnetresonanztomografie können sie nachgewiesen werden.

Doch das ist gar nicht so leicht. Anhand von Bildern zeigte der Chemiker, dass dieser Effekt durch bildgebende Verfahren nur schwer zu erkennen ist. Viel deutlicher und selbst für den Laien sichtbar waren die Effekte, die die Forschungsgruppe mit fluoreszierenden Nanopartikeln erreichte und von denen Ortgies Bilder zeigte.

Ein Nano-Partikel ist nur wenige Nanometer groß. Ein Nanometer ist ein Milliardstel eines Meters. Meist sind es nur wenige Atome, die von den Wissenschaftlern zu Nanoteilchen kombiniert werden. Dafür können sie bei diesen sehr gezielt bestimmte Eigenschaften festlegen – beispielsweise die Wellenlänge des Lichts, mit denen sich die Teilchen anregen lassen.

Licht dringt nur bis zur Hautoberfläche. Infrarotlicht hingegen dringt wenige Zentimeter weit in einen lebenden Körper ein. Daher nahm Ortgies Nano-Partikel, die genau auf diesen Infrarot-Bereich ansprechen. Mit einer speziellen Kamera konnten die Forscher die Nano-Partikel in lebenden Versuchs-Mäusen aktivieren und lokalisieren, denn die Teilchen leuchteten unter der Kamera intensiv rot.

Die Aufgabe von Ortgies war es unter anderem, eine Hülle zu konstruieren, mit der zwei verschiedene Nano-Teilchen ummantelt und als Hybrid in die Maus injiziert werden konnten. Durch die Kombination von magnetischen und fluoreszierenden Partikeln zeigte Ortgies, dass die kostengünstigere Infrarotuntersuchung zur Verfolgung von hybriden Nanoteilchen sehr gut geeignet ist und kein Magnetresonanztomograf dafür nötig ist. Die Hülle der hybriden Partikel fertigte er aus Kunststoffen, die in der Medizin ohnehin verwendet und zu Säuren verstoffwechselt werden. Sie kommen im Körper natürlich vor. „Die Arbeit an den Emulsionen für die Hüllen war ein bisschen wie Mayonnaise-Rühren“, sagte Ortgies, „nur dünnflüssiger.“

Das Mayonnaise-Rühren geht noch weiter: Der gebürtige Auricher und seine Kollegen wollen als Nächstes hybride Partikel bauen, die wärmeerzeugende Nanopartikel mit wärmemessenden und fluoreszierenden Teilchen kombinieren. Dazu braucht Ortgies eine Hülle, die die Hybridpartikel direkt zu bestimmten Zellen bringt. Beispielsweise zu Krebszellen, die auf diese Weise direkt mit Hitze zerstört werden könnten. Mithilfe der Thermometer-Partikel könnten Mediziner diesen Prozess gut kontrollieren, so Ortgies. Noch ist das Zukunftsmusik. Aber möglicherweise der erste Schritt zu neuen medizinischen Therapien.

Ortgies ist ein junger Wissenschaftler. Seine Leidenschaft für das Labor wurde durch die Auricher Wissenschaftstage geweckt. Ein Praktikum am Berliner Hahn-Meitner-Institut gab mal den Ausschlag für Naturwissenschaften, sagte er. Es passierte daher am Donnerstag etwas bisher Seltenes bei den Auricher Wissenschaftstagen: Der Referent bedankte sich bei seinen ehemaligen – anwesenden – Lehrern für ihren Unterricht. Dieser sei für mehrere Semester an der Uni eine gute Grundlage gewesen, so Ortgies. Das freute besonders Josef Antony vom Organisationsteam der Wissenschaftstage. „Bei mir hatte er Physik im Abi“, sagte er.

Der Referent zeigte sich bescheiden. Als er über seine Forschung berichtete, sprach er von „wir“, nicht von „ich“. Die Forscher erarbeiten die Ergebnisse als Gruppe. Und ein Auricher gehört dazu.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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