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Auricher Wissenschaftstage –
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Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 13. Februar 2016, S. 7 [1]

Gefahr von außen

Tierseuchen verbreiten sich weltweit schnell und bedrohen auch Deutschland, sagte ein Virologe bei den Auricher Wissenschaftstagen

Von Aiko Recke

Foto von der Eröffnungsveranstaltung der 26. Auricher Wissenschaftstage, 37 k

Prof. Thomas C. Mettenleiter (links) ist Präsident des Friedrich-Loeffler-Insti­tuts für Tiergesundheit. Er hielt am Donnerstag den Eröffnungsvortrag der 26. Auricher Wissenschaftstage. (Foto: Banik)

Aurich. Der Feind ist klein und liebt es feucht. Er kommt von außen. Und trägt ganz verschiedene, oft harmlos klingende Namen, zum Beispiel: Asiatische Tigermücke. Das apart aussehende Insekt überträgt zahlreiche Viren, die nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen gefährlich werden können. Unter anderem wohl den „Zika“-Virus, der aktuell im Verdacht steht, für deformierte Köpfe von Säuglingen in Südamerika zu sorgen.

Die Mücke ist ein „Vektor“, ein „reisender“ Überträger von Infektionskrankheiten, wie Prof. Thomas C. Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit, am Donnerstagabend bei der Eröffnung der 26. Auricher Wissenschaftstage berichtete. Knapp 450 Besucher waren ins Foyer der Sparkassen-Hauptstelle gekommen. Mettenleiter machte deutlich, dass Infektionskrankheiten zwar in Deutschland größtenteils ausgerottet seien. Dass sie sich international gleichwohl weiter ausbreiteten. 2,2 Millionen Todesfälle entstünden jährlich weltweit durch sogenannte „Zoonosen“, wie Übertragungen von Tieren auf Menschen (und umgekehrt) genannt werden.

Aktuell bedroht Blauzungenkrankheit Deutschland

„Das passiert weltweit ständig“, so Mettenleiter. Ein Beispiel sei die afrikanische Schweinepest, die sich ab 2007 in Osteuropa ausbreitete. Oder die Vogelgrippe, die in Form des H5N1-Virus auf den Menschen übergreifen kann – und die sich durch Zugvögel weltweit schnell ausbreitete. Ganz aktuell sei Deutschland bedroht durch die Blauzungenkrankheit, berichtete der renommierte Virologe. „Um uns herum kommen die Einschläge näher.“ Auch der „Schmallenberg-Virus“, der bei Rindern, Ziegen und Schafen vorkommt, sei „etwas, mit dem wir jederzeit rechnen müssen“, so Mettenleiter, dessen Bundesforschungsinstitut seinen Hauptsitz auf der Insel Riems vor Greifswald hat.

Verschärft werde die weltweite Verbreitung von Infektionskrankheiten durch Trends wie Globalisierung, Verstädterung und den Klimawandel, der es beispielsweise ganz neuen Arten ermöglicht, im mitteleuropäischen Klima zu überleben.

Und was ist mit Asiatischen Tigermücke? Um sie zu bekämpfen gibt es laut Mettenleiter mittlerweile ein deutschlandweites „Monitoring“ von Stechmücken. Darüber hinaus hat das Friedrich-Loeffler-Institut zusammen mit dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung einen deutschen „Mückenatlas“ ins Netz gestellt. Mettenleiter rief auch die Auricher dazu auf, Moskitos aus dem heimischen Schlafzimmer gegebenenfalls einzufangen und dem Institut zuzuschicken.

Zur Begrüßung anlässlich der Eröffnung der 26. Auricher Wissenschaftstage hielt der Vorstandschef der Sparkasse Aurich-Norden, Carlo Grün, ein Plädoyer für die humanistische Bildung. Der digitale Wandel drohe „unser Denken zu überschreiben“. Dass Algorithmen Aufklärung brächten, sei eine der größten Lügen. Und die Bosse der großen Internet-Konzerne entwickelten einfach keinen „humanistischen Ehrgeiz“, kritisierte Grün. Die Chefs von Google oder Facebook seien lediglich an der statistischen Erfassung der menschlichen Bedürfnisse interessiert.

Sparkassen-Chef fühlt sich an „Schöne Neue Welt“ erinnert

All das erinnere mittlerweile an Huxleys Horrorvision der „Schönen Neuen Welt“. Dazu passe die aktuelle Diskussion um die Abschaffung des Bargelds. „Mit dem Handling von Bargeld verdient keiner Geld – auch wir nicht“, so der Sparkassen-Chef. Doch wie habe Dostojewski gesagt: „Bargeld ist geprägte Freiheit.“ Kurzum, überall in der digitalen Welt lauerten der „totale Verlust von Privatheit“ und potenzielle Bevormundungen. Dazu kämen aktuell „Brandstifter“ und „Rattenfänger“, die im Land unterwegs seien. Um sich mit alldem auseinanderzusetzen, so Grün, sei vor allem humanistische Bildung notwendig – die gleichsam zur Bürgerpflicht werde.

Hans-Jörg Klotter vom Förderverein der Wissenschaftstage bedankte sich bei den Organisatoren der Veranstaltung. Die Schüler-Stipendiaten Insa Bohlen und Imke Neelen (BBS II) sowie Tammo Denkena und Julian von Lilienfeld-Toal (Ulricianum) berichteten über ihre Aufenthalte an Forschungseinrichtungen – und führten durch den Abend.

Der nächste Vortrag der Wissenschaftstage findet am Donnerstag (18. Februar) um 19.30 Uhr im Güterschuppen statt. Dirk Ortgies von der „Universidad Autónoma de Madrid“ wird über „Nanopartikel für Bildgebung und Diagnostik“ berichten.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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