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Auricher Wissenschaftstage –
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Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 25. Februar 2015, S. 5 [1]

Neue Ansätze in der modernen Medizin

Prof. Dr. Thomas Jenuwein sprach bei Wissenschaftstagen in Aurich zum Thema Epigenetik

Foto von Prof. Dr. Thomas Jenuwein, 20 k

Prof. Dr. Thomas Jenuwein / Foto: Mittelstaedt

jm Aurich. Zum Thema Epigenetik hielt Professor Dr. Thomas Jenuwein, seit 2008 Direktor und Wissenschaftliches Mitglied am „Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik (MPI-IE)“, einen Vortrag im Güterschuppen in Aurich. In dem Institut arbeiten derzeit etwa 370 Mitarbeiter. Die Veranstaltung im Rahmen der Wissenschaftstage beschäftigte sich mit einem recht jungen Wissenschaftszweig, der den Bereich der menschlichen Entwicklung zwischen Umwelteinflüssen und Genen erforscht.

Im gut gefüllten Saal wurde der Vortrag von Aira Bautista und Cato Stoffer, zwei Schülerinnen aus dem 11. Jahrgang des Ulricianum, moderiert. Sie hatten im vergangenen Jahr ein Praktikum im „Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie“ in Tübingen absolviert, von dem sie zunächst kurz berichteten. Cato Stoffer: „Unser komplettes Praktikum war sehr erfolgreich. Wir wurden herzlich aufgenommen und haben viel gelernt.“ Professor Jenuwein freute sich über das Interesse der beiden Schülerinnen und begann seinen Vortrag über „Epigenetik – Wir sind mehr als die Summe unserer Gene“ mit genau diesem Anspruch: „Es ist absolut wichtig, Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu bringen und den Nachwuchs zu fördern.“

Epigenetik ist die Erforschung vererbbarer Eigenschaften. Die Zusammenhänge sind grundlegend für das Verständnis der genetischen Informationen beim Menschen. Man weiß inzwischen, dass etwa 1500 der 21000 menschlichen Gene Krankheiten zuzuordnen sind. Dabei sind viele Krankheiten durch mehr als nur einen Gendefekt begründet, was die Behandlung sehr komplex macht.

Bei dem recht schwierigen Versuch, diese komplexen Zusammenhänge für das Publikum verständlich aufzubereiten, benutzte der Referent ein sogenanntes „Chromatin Modell“ und zeigte daran, wie durch biologisch-chemische Prozesse die Funktionen der Gene aus- und abgeschaltet werden können.

In der Epigenetik-Forschung versucht die Wissenschaft beispielsweise, die Entwicklung von Krebszellen zu beeinflussen. Die Anfälligkeit für Krankheiten werde durch epigenetische Fehlfunktionen gefördert und habe damit weitreichende Auswirkungen auf Diagnose und Therapie menschlicher Erkrankungen.

So ermöglicht dieser Wissenschaftszweig zunehmend neue Therapieansätze der medizinischen Behandlung des Menschen. Es gebe inzwischen weltweit viele Pharmafirmen, die in diesem Bereich arbeiten, forschen und produzieren. Mittlerweile seien in der „epigenetischen Therapie“ 10 bis 15 Substanzen verfügbar, die zur Heilung von Krankheiten eingesetzt werden können. Jenuwein: „Epigenetische Forschung steht heute im Epizentrum der modernen Medizin.“

In einem zweiten Teil informierte Professor Jenuwein über Forschungen zum Themenbereich von Umwelteinflüssen auf die Entwicklung des Lebens. So könne beispielsweise die Art der Nahrung der Mutter während der Schwangerschaft das Krebsrisiko des Kindes reduzieren oder verstärken. Auch Stress oder etwa Alkoholkonsum habe hier eine große Bedeutung. Diese Erkenntnisse seien nicht wirklich neu. Neu sei jedoch, dass inzwischen festgestellt werden konnte, dass der gleiche Mechanismus auch für den Vater gilt. Dies wurde in jüngster Zeit in Experimenten mit Mäusen nachgewiesen.

Abschließend bedankte sich Professor Jenuwein beim Publikum: „Ich habe versucht ihnen, so klar wie ich kann, das Thema Epigenetik vorzustellen.“ In der anschließenden Fragerunde wurde deutlich, dass dem Referenten dies auch gelungen war.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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