Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 29. August 2011, S. 6 [1]
Die Energieökonomin Prof. Claudia Kemfert referierte über die wirtschaftlichen Chancen der Energiewende. (Foto: Keller)
buk Aurich. Mittelständische Unternehmen profitieren vom Ausbau der regenerativen Energien. Das ist eine der Thesen, die Energieökonomin Prof. Claudia Kemfert während ihres Vortrages „Die wirtschaftlichen Chancen einer klugen Energiewende" aufstellte, den sie am Freitagabend vor rund 70 Zuhörern im Auricher Güterschuppen hielt. Ihr Referat war der letzte Vortrag der Reihe „21. Auricher Wissenschaftstage“.
Kemfert nannte Beschäftigungseffekte und eine Stärkung der Kommunen. Die Konsumkraft bleibe erhalten. Die technischen Voraussetzungen, wie intelligente, dezentrale Netze und Speicher, seien zu bewältigen. Stromautobahnen, Pumpspeicherkraftwerke und Windräder müsse man hinnehmen, natürlich werde das nicht ohne Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung abgehen, aber man müsse in den sauren Apfel beißen.
Ihrem Ziel einer klimaschonenden, sicheren und bezahlbaren Energieversorgung sowie einer nachhaltigen Mobilität näherte sie sich in vielen Thesen.
Zuallererst müsse Energie eingespart werden. Die Eindämmung der Treibhausgase sei durch die Finanzkrise völlig in den Hintergrund getreten. Die knapp 20 Prozent Strom, die aus Atomkraftwerken stammen, seien relativ leicht durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Allein das Ziel, bis 2050 80 Prozent des Bedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken, erfordere großen Handlungsbedarf.
Die Professorin arbeitet für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e. V. in Berlin, das die Bundesregierung in Fragen der Energiepolitik und des Klimawandels berät. Anhand von Grafiken entwickelte sie ein optimistisches Konzept, das in Deutschland flächendeckend zur Anwendung kommen soll. Nullenergiehäuser, Elektromobile und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sind Bausteine davon. Der ist ihrer Ansicht nach in der Region offenbar verbesserungswürdig: „Es hat mich schockiert, dass der Zug nicht bis Aurich fuhr“, meinte sie.
Dennoch reizte sie der Abstecher nach Ostfriesland: „Eine 100%-Erneuerbare-Energie-Region muss ich besuchen.“ Sie nannte ihr Referat deshalb „Eulen nach Athen tragen".
Die sich dem Vortrag anschließende Diskussion war kurz und geordnet. Der Powerpoint-Vortrag, gespickt mit englischen Fachbegriffen, war wenig anschaulich. Was am Reißbrett entworfen und beschlossen wurde, ließ manchen Zuhörer allerdings an der Realisierung zweifeln. „Warum, wenn Sparen so wichtig ist, regiert beim Autokauf immer noch die Frage nach den PS und nicht nach dem Spritverbrauch?“, fragte ein Zuhörer. Kemfert: „In den Köpfen hat sich nicht so viel geändert, das meiste läuft über den Geldbeutel.“ Aber da könne die Politik gegensteuern.
Den letzten Vortrag der 21. Auricher Wissenschaftstage moderierten Josina Bohlen und Rieke Themann, zwei Schülerinnen des Ulricianums. Sie erzählten dem Publikum in einem Kurzreferat von ihrem Praktikum an der Biologischen Anstalt Helgoland.
Zum Abschluss der Veranstaltung trug sich Prof. Claudia Kemfert ins Gästebuch der Wissenschaftstage ein.
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