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Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

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Artikel der Ostfriesischen Nachrichten vom 26. Februar 2011 [1]

Fliegenhirne sind Giganten der visuellen Verarbeitung

Vortrag von Prof. Dr. Alexander Borst fasziniert Zuhörer

Foto von Prof. Dr. Alexander Borst während seines Vortrages bei den 21. Auricher Wissenschaftstagen, 32k

„Das Fliegenhirn ist besser als jeder Computer“, meint Prof. Dr. Alexander Borst. Sein Vortrag war Teil der Auricher Wissenschaftstage. (Foto: Lindenbeck)

lin Aurich. Fliegen werden im Allgemeinen häufig unterschätzt. Oft nimmt sie der Betrachter als nervige Plagegeister wahr. Dabei können die winzigen Gehirne der Flugakrobaten Höchstleistungen vollbringen und visuelle Bewegungen in Bruchteilen einer Sekunde verarbeiten.

Im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage brachte der Direktor des Max-Planck-Institutes für Neurobiologie in Martinsried bei München, Prof. Dr. Alexander Borst, den Zuhörern im gut gefüllten Güterschuppen des Ulricianums die Arbeitsweise des Fliegenhirns näher. Unter dem Titel „Das Fliegenhirn – besser als jeder Computer“ berichtete Borst darüber, wie es ihm und seinen Mitarbeitern gelungen ist, einzelne Nervenschaltungen der Fruchtfliege zu untersuchen und die Aktivität von Nervenzellen sichtbar zu machen.

Das hört sich zunächst einmal einfach an, bereitete den Wissenschaftlern aber jahrelanges Kopfzerbrechen. Fünfzig Jahre Forschung konnten nicht zeigen, welche Nervenzellen im Fliegenhirn verschaltet sind, um Bewegungen mit einer ungeheuren Präzision wahrzunehmen. Borst verglich in seinem Vortrag das Fliegenhirn zunächst mit dem menschlichen Hirn. Dort könne man die Aktivitäten in den verschiedenen Bereichen auch beobachten. Die genaue Verschaltung der Nervenzellen zu untersuchen, sei jedoch bei einer Billion Nervenzellen nahezu unmöglich. „Daher habe ich mich frühzeitig in meiner Laufbahn dafür entschieden, das Gehirn der Fliege zu erforschen“, sagte Borst.

In jahrelanger Kleinarbeit ist es den Forschern um Alexander Borst gelungen, die elektrische Aktivität in den Nervenzellen ohne Elektroden zu beobachten. Dabei wurden den Fliegen Streifenmuster auf einem Leuchtdioden-Bildschirm gezeigt, die sich bewegen. Einzelne Nervenzellen der Fliege wurden mit einem fluoreszierenden Indikator ausgestattet. Beim Betrachten der Streifen reagierten die Nervenzellen mit Aktivität und wurden durch den Indikator sichtbar gemacht.

Borst garnierte seinen Vortrag mit einigen anschaulichen Grafiken und Filmsequenzen, die das sehr komplexe Thema für die Besucher verständlicher machten.

Interessant waren die Ausführungen von Borst über das „Robofly“-Projekt. Hierbei entwickelten die Forscher einen fliegenähnlichen Quadrokopter, der sich mit einer Fernbedienung steuern lässt. Der optische Fluss der Bilder, das heißt die bewegten Bilder, die entstehen, wenn sich die Roboterfliege selbst im Raum bewegt, wird mit der Kamera im Roboter mithilfe von Vektoren dargestellt.

In der abschließenden Fragerunde widerlegte Borst noch einige Vorurteile gegenüber den Giganten der visuellen Verarbeitung. Entgegen der weitläufigen Meinung können Fliegen sehr wohl lernen und sind auch in der Lage, farbliche Unterscheidungen zu treffen. Alexander Borst, der sich selbst als „Anwalt der Fliegen“ sieht, erklärte in seinen Ausführungen, dass zum Beispiel bei den männlichen Vertretern der Fruchtfliege im Kampf um die weiblichen Exemplare eine Art Balzverhalten zu beobachten ist, das in Konkurrenz mit anderen Fliegen auch schon mal in aggressives Verhalten münden kann.

Der nächste Vortrag findet am 23. Mai statt. Prof. Dr. Heyo K. Kroemer referiert über das Thema: „Arzneimitteltherapie 2011 - one size fits all?“.

Anmerkung

[1]

Ein Scan des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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