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Auricher Wissenschaftstage –
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Artikel im Ostfriesischen Kurier vom 20. Februar 2016, S. 24 [1]

Winzige Partikel mit Eigenschaften eines Kluntje

WISSENSCHAFTSTAGE Auricher Dirk Ortgies referiert über sein Fachgebiet: Nanopartikel

Foto von Ph.D. Dirk Ortgies bei seinem Vortrag auf den 26. Auricher Wissenschaftstagen, 10 k

Referent Dirk Ort­gies auf hei­mi­schem Parkett. (Fo­tos: Hoppe)

AURICH/HOP – Klein aber oho, das trifft auf die Teile zu, über die im Rahmen der AuricherWissenschaftstage Dirk Ortgies zum Thema „Funktionsvielfalt im Kleinsten – Nanopartikel für Bildgebung und Diagnostik“ referierte. Er ist Auricher und hat 2002 am Ulricianum das Abitur gemacht, dem das Chemiestudium in Leipzig und ein mehrjähriger USA-Aufenthalt folgte, anschließend erwarb er seinen wissenschaftlichen Doktorgrad in Kanada und forscht nun an der Universität Madrid an Nanopartikeln (NP).

„Wir geben Wirkstoffe in den Körper rein, aber wie sie wirklich auf zellularer Ebene oder noch kleiner wirken, ist noch immer nicht klar“, sagte er zum Hintergrund der Forschung. Grundlage um Kleines zu sehen war bislang immer das Mikroskop, aber das ist zu grob. Auf dem Weg von Mikro zu Nano kommen echte Winzlinge ins Spiel, NP sind Einheiten im Milliardstel Bereich, denn ein Nanometer (nm) ist 0,000000001 Meter. Als NP gelten Teile zwischen ein und 100 nm. „Die Oberfläche muss vergrößert werden, das kennen wir Ostfriesen, denn der Zucker wird zu Kluntje und vergrößert so auch seine Oberfläche“, verdeutlichte er. In hybride Nanopartikel eingeschlossen in eine Polymerhülle können Stoffe gegeben werden, „das ist wie Mayonnaise machen“, verdeutlichte er den hochkomplexen Schritt. Die können dann fluoreszieren oder Wärme messen oder abstrahlen, weshalb sie im Körper bis auf zellulärer Ebene verfolgt werden können. Zum einen geht das mit der Magnetresonanztomografie (NMR), aber sie haben das viel einfacher in ihrer Forschungsgruppe mit einer selbst gebauten Infrarotkamera mit Laser in Mäusen verfolgen können. Ihr Laser ließ die hybriden NP selber Licht abstrahlen, das wiederum von der Kamera erfasst wird.

„Unsere Mäuse waren dafür narkotisiert, haben alles gut überstanden“, versicherte er dem staunenden Publikum im Güterschuppen. Kleinste Befunde wurden sicher aufgespürt und durch Photothermaltherapie (PTT), also durch von Licht erzeugter Wärme, konnten sie Tumore zerstören und das bei minimalen Schäden im umliegenden Gewebe. Denkbar als Anwendung wäre auch die gekapselten NP mit Medikamenten auszustatten. „Aber bis das großflächig im Menschen Anwendung findet, vergehen sicher noch 15 Jahre“ dämpfte der junge Wissenschaftler die Hoffnungen auf schnelle Umsetzung der Grundlagenforschung. „Doch es laufen bereits erste Tests, bei denen das Polymer mit bestimmten Drogenersatzmitteln versetzt wird, die beispielsweise Entzugserscheinungen abmildern“. Auf die Frage, ob denn NP nicht gefährlich seien, beruhigte er zumindest für seinen Forschungszweig. „Unsere eingekapselten NP werden normal verstoffwechselt, Polymer ist biologisch abbaubar und auch die NP werden über die Niere ausgeschieden. Andere NP könnten sich aber im Gewebe einlagern, NP in Pulver werden eingeatmet, da ist möglicherweise ein Gefährdungspotenzial für die Lungenbläschen gegeben“.

Wie immer bei den Referaten berichten vorher Stipendiaten von ihren jeweiligen Praktika, die Oberstufenschüler des Gymnasiums oder der BBS 2 teilweise weltweit machen. Vorrednerin von Dr. Dirk Ortgies war Imke Meyerholz, die praktisch und theoretisch in einem Teilchenbeschleuniger gearbeitet hat.

Josef Antony war früher Lehrer am Gymnasium, ihn brachte die oft ratlose Zeit seiner Schüler, was nach dem Abi ansteht, auf die Idee und so initiierte er 1989 die seither jährlich stattfindenden Auricher Wissenschaftstage. „Referenten, die einem breiten Publikum aktuelle Wissenschaft vermitteln und das Stipendiatenprogramm mit Praktika und Expeditionsteilnahmen ist nur möglich durch die Förderung der Sparkasse Aurich-Norden und Enercon sowie des Fördervereins. Immerhin hatten wir bereits 14 Nobelpreisträger als Referenten. Parallel dazu finden auch noch Interviews durch Schüler mit Zeugen der Zeitgeschichte wie beispielsweise Helmut Schmidt oder Richard von Weizsäcker statt“, ergänzt Antony stolz.

Anmerkung

[1]

Eine E-Paper-Version des Artikels ist ebenfalls verfügbar.

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