Praktikum am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
vom 10. bis zum 21. Oktober 2017
Von
Gabriel Ott
Cedric Ewen, Schüler des Ulrichsgymnasiums Norden, und ich, Gabriel Ott, Schüler des Gymnasiums Ulricianums Aurich, hatten die Gelegenheit, an einem Praktikum am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in München, Garching teilzunehmen. Im Folgenden soll ein Einblick in das gegeben werden, was wir erleben durften.
Am ersten Tag unseres Praktikums wurde uns von unserer Betreuerin Dr. Silke Stähler-Schöpf das Schülerlabor PhotonLab gezeigt, in dem wir nach einer Sicherheitsunterweisung selbst gearbeitet haben. In diesem Schülerlabor sind viele aufschlussreiche Experimente mit Lasern, wie ein Interferometer, mit dem die Wellenlänge des Lichts gemessen werden kann, oder ein Experiment, mit dem die Dicke eines menschlichen Haares mithilfe von Lasern bestimmt werden kann, möglich. Im PhotonLab befindet sich sogar einen Femtosekundenlaser, welcher unvorstellbar kurze Lichtblitze erzeugen kann. Solche Laser sind sehr nützlich für verschiedenste Experimente und technische Anwendungen z. B. bei der Verarbeitung von Metallen. Ein Doktorand hat uns zwischenzeitlich ein anderes Labor gezeigt, in welchem wir eine Apparatur, die Helium-Ionen fast auf den absoluten Nullpunkt kühlt, bestaunen konnten.
Der zweite Tag verlief ganz ähnlich. Wir konnten weiter im Schülerlabor arbeiten und ein weiterer Doktorand hat uns die bekannte Apparatur gezeigt, welche Attosekundenpulse erzeugen kann, und einiges dazu erzählt. Eine Attosekunde ist nur ein Milliardstel einer Milliardstel Sekunde lang. Mit solchen unvorstellbar kurzen Lichtblitzen können die schnellsten Bewegungen außerhalb des Atomkerns (Bewegungen von Elektronen) sichtbar gemacht werden. Dieses Gerät konnten wir leider nicht im Einsatz sehen, doch stattdessen den Femtosekundenlaser im PhotonLab, welcher drei Größenordnungen unter dem Attosekunden-Gerät liegt. Die gebündelten hochenergetischen Pulse des Lasers erzeugen ein 100.000 (!!!) Grad heißes Plasma. Der kleine weiße Punkt auf dem Foto ist dieses bemerkenswerte Plasma.
Gleich zu Beginn des dritten Tages durften wir das Labor sehen, in welchem
ultrakalte Quantengase erzeugt werden. Eine Doktorandin erklärte uns, wie es
überhaupt möglich ist, Teilchen mithilfe von Lasern und anderer Technik auf
einige Nanokelvin zu kühlen (null Kelvin ist der absolute Nullpunkt). Zudem
informierte sie uns darüber, dass es weltweit nur ungefähr fünf solcher Anlagen
gibt. Mithilfe von speziellen Kameras lassen sich diese ultrakalten
Quantenteilchen sogar sehen – auf dem Foto sind ca. 10.000 dieser stark gekühlten
Teilchen zu sehen, dabei repräsentiert die Farbe die Anzahl der Teilchen. Aus
technischen Gründen besteht dieses ultrakalte Gas aus Alkalimetall-Atomen und
befindet sich in einem Vakuum, damit kein Wärmeaustausch stattfindet.
Im PhotonLab behandelten wir Quantenkryptographie und das Erstellen von
3D-Modellen mit Lasern. Zudem haben wir eine Gummibärchen-Konstruktion, die
Kindern das Wellenverhalten näher bringen soll, und einen Laser-Spielkasten,
bei dem mit Lichtbrechung experimentiert werden kann, für den Tag der offenen
Tür gebaut.
Am vierten Tag haben wir einen Ausflug zu dem Max-Planck-Institut für
Extraterrestrische Physik gemacht. Dort konnten wir viel über die Energiequelle der
Sonne, die Struktur des Universums, Dunkle Energie und Dunkle Materie mithilfe
eines Vortrags und einem Planetarium erfahren, welches die Erklärungen veranschaulicht
hat. Außerdem haben wir etwas über die Arbeit des Instituts erfahren. Das MPE stellt
unter anderem empfindliche Teleskope und andere Geräte für Weltraummissionen her.
Nachmittags haben wir im PhotonLab die „Optische Pinzette“ behandelt, bei welcher
mithilfe von Lasern Mikrometer große Kügelchen eingefangen und bewegt werden können.
Diese Technik ist in sehr vielen Bereichen nützlich.
Auf Rat unserer Betreuerin sind wir am Wochenende in die Berge und in das Deutsche Museum gegangen. Diese beiden Ausflüge waren auf ihre eigene Weise sehr beeindruckend und haben jeweils einen ganzen Tag beansprucht. Das Deutsche Museum ist riesig und enthält alles vom Werdegang des Universums bis zur Papierherstellung, während die Besteigung des 1.550 Meter hohen Bergs Brauneck in Lenggries sich als echte Herausforderung gestaltete.
Der Montag nach dem Wochenende war der Tag, an dem wir Lichtbrechung mithilfe
von passenden Experimenten erarbeiteten. Es ging dabei um Totalreflexion und um
Umstände, bei denen überhaupt keine Reflexion stattfindet, sowie Experimente am
Doppelspalt. Dadurch wurde uns unter anderem das Prinzip von Glasfaserkabeln
veranschaulicht.
Nachmittags haben wir einen englischen Vortrag zu „Ultrafast Nanoscopy“ an der
Universität München besucht. Das war ein sehr interessanter Vortrag, auch wenn wir
wenig verstanden haben, da uns einerseits das nötige Fachvokabular und andererseits
entsprechendes Hintergrundwissen fehlte. Doch allein die Aspekte, welche wir
verstanden haben – z. B. was für Methoden benötigt
werden, um einzelne Atome beobachten zu können – waren für uns ein großer Gewinn.
Zur Abwechslung sind wir am Dienstag zu einer Führung am Institut für Plasmaphysik
gegangen. Dort wird und wurde die Forschung zu Fusionsreaktoren vorangetrieben, welche
die Energiequelle der Zukunft sein sollen. Leider konnten wir aus Sicherheitsgründen
den Fusionsreaktor des Instituts nicht sehen, da dort zu dem Zeitpunkt experimentiert
wurde.
Fusionsreaktoren sollen Energie durch die Verschmelzung von Atomkernen gewinnen,
statt durch die Spaltung von Atomkernen wie in Kernkraftwerken. Dafür werden ähnliche
Bedingungen wie auf der Sonne erzeugt, welche das beste Beispiel für einen
Fusionsreaktor ist (Sterne wie die Sonne fusionieren ständig
z. B. Wasserstoffkerne zu Heliumkerne). Diese
Fusionsreaktoren sollen minimal umweltbelastend, sehr sicher und sehr energiereich
sein. Jedoch wurde bis heute (Stand: 17.10.2017) noch kein funktionierender
Fusionsreaktor gebaut, bei dem mehr Energie aus Kernfusion gewonnen werden kann,
als für den Vorgang benötigt wird.
Anschließend haben wir einen Vortrag von dem bekannten Autor des Buches „Gödel,
Escher, Bach“ Douglas R. Hofstadter über die Reaktionen Einsteins Zeitgenossen auf
seine Erklärungen des Fotoeffekts gehört.
Das Wahrzeichen Garchings: die unter Denkmalschutz gestellte Neutronenquelle. In der neuen und besseren Neutronenquelle links daneben wird sogar mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 80% Krebs behandelt!
Der Mittwoch war besonders interessant, da wir nicht nur eine Laborführung eines Doktoranden in einem Labor, in dem verschränkte Teilchen erzeugt werden, sondern auch eine Führung in dem Forschungsreaktor, welcher das Herz des Forschungszentrums Garching bildet, erleben durften. Wir haben anschaulich den Hintergrund der Quantenverschränkung, das Superpositionsprinzip und wie die Messung des Zustandes eines Quantenteilchens das Ergebnis beeinflussen kann, kennengelernt. Trotz vieler guter Erklärungen haben wir es nicht geschafft, uns vorzustellen, wie verschränkte Quantenteilchen mithilfe der speziellen BBO-Kristalle erzeugt werden. Dafür konnten wir uns dank der Führung im neuen Neutronen-Forschungsreaktor die Vorgänge im Reaktor umso besser vorstellen. Der alte Forschungsreaktor in Ei-Form ist übrigens mittlerweile unter Denkmalschutz und das Wahrzeichen Garchings. Der neue und leistungsstärkere Reaktor kann mit seinen erzeugten Neutronen nicht nur Motoren durchleuchten (ähnlich wie Röntgenstrahlung fast alles Nichtmetallische durchleuchten kann) und die Neutronen für die unterschiedlichsten Experimente verwenden, sondern auch aktiv und regelmäßig mit einer Erfolgschance von ca. 80% erfolgreich Krebs behandeln.
Abends haben wir uns einen Vortrag zu den wirtschaftlichen Chancen der Energiewende von Prof. Dr. Claudia Kemfert im Deutschen Museum angehört. Sie ist eine Autorin, Wirtschaftsexpertin und Professorin, welche schon den EU-Präsidenten beraten hat. Dieser Vortrag war sehr ergiebig und interessant.
Am Donnerstag war das Highlight die Besichtigung des ältesten Teilchenbeschleunigers
Deutschlands im „Maier-Leibnitz-Laboratorium“. Es handelt sich dabei um einen etwa
25 Meter langen Beschleuniger Baujahr 1957, der ständig verbessert wurde und mit
dem heute noch Experimente durchgeführt werden. Auch wenn dieser bei weitem nicht
die Möglichkeiten des LHC am Cern hat (zum Vergleich: der LHC am Cern kann Protonen
bis auf ca. 99,9999% der Lichtgeschwindigkeit
beschleunigen, während dieser Teilchen „nur“ auf ca.
20% der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen kann), ist er doch sehr nützlich für das
Forschungszentrum. Zum Beispiel prüfen die Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für
Extraterrestrische Physik dort, ob ihre elektronischen Geräte die stark erhöhte
Strahlung im Weltraum vertragen können. Außerdem wurde uns eine Menge über die
baulichen Schwierigkeiten und die Funktionsweise eines Teilchenbeschleunigers
erklärt.
Gegen Abend haben Cedric und ich die Gelegenheit genutzt, uns die erste Vorlesung
Experimentalphysik des Semesters 2017/2018 anzuhören.
Am letzten Tag unseres Praktikums war der Tag der offenen Tür, bei dem wir viele Eindrücke sammeln konnten.
Der Freitag beinhaltete vor allem viel Organisatorisches für den Tag der offenen Tür, welcher am Tag danach folgte. Obwohl am Freitag viel für den Tag der offenen Tür organisiert werden musste, ergab sich für uns am Nachmittag die Gelegenheit, das jüngsten Gebäude auf dem Forschungsgelände zu besuchen: das Center of Advanced Laser Applications. Dabei handelt es sich um einen großen und infraroten Femtosekundenlaser, welcher in einer Femtosekunde ganze 90 Joule Energie aufbringen kann. Damit ist dieser Laser derzeit einer der stärksten auf der Welt mit einer Leistung von bis zu drei Petawatt. Diese Leistung wird für diverse Experimente benötigt, bei denen z. B. Elektronen auf relativ kurzen Strecken fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. In Zukunft können mit dieser Technologie bessere und kompaktere Teilchenbeschleuniger gebaut werden. Allerdings ist dieser Laser so empfindlich, dass unter anderem teure Spezialkristalle und Reinraumkleidung vorgeschrieben sind.
Unser Aufenthalt endete mit dem sehr vielfältigen Tag der offenen Tür am
Forschungscampus Garching. Zu diesem gibt es einen kurzen
Bericht
von uns auf der Website des Instituts, in dem unsere Eindrücke geschildert werden.
Der Abschied fiel schwer und für uns verging das Praktikum wie im Flug, wir wären
gerne länger geblieben. Dieses Stipendium im Rahmen der
Auricher Wissenschaftstage war für uns eine sehr lehrreiche,
aufschlussreiche und bedeutsame Zeit, die wir nie vergessen werden. Wir bedanken
uns hiermit erneut ganz herzlich bei unserer Betreuerin Frau Dr. Stähler-Schöpf und
allen beteiligten Mitarbeitern dieses tollen Forschungscampus, welche uns stets zur
Seite standen und uns außergewöhnliche Einblicke in die Quantenphysik geben konnten.
Außerdem möchten wir uns besonders bei den Auricher
Wissenschaftstagen bedanken, welche dieses spektakuläre Erlebnis möglich
gemacht haben.