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Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

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Projektskizze zur Jakutien-Expedition

Urmenschen in der Mammutsteppe -
eine Schüler-Expedition auf Spurensuche in Sibirien

Sechs Auricher Schülerinnen und Schüler des 12. Jahrgangs erleben gemeinsam mit jakutischen Studenten in Ost-Sibirien in den Sommerferien 2004 Forschung hautnah bei einer Expedition im Bereich der Lena.

Alexander Börries, Bastian Frank, Matthias Harms, Elisabeth Kniss, Karsten Penon und Maren Reder nehmen als Stipendiaten der Auricher Wissenschaftstage – Forum einer dritten Kultur an dieser Expedition teil, die die Auricher Wissenschaftstage gemeinsam mit der Staatsuniversität Jakutsk durchführen. Die Lehrer Friedrich Freudenberg, Alexander Stracke und Wolfgang Völckner betreuen die unterschiedlichen Expeditionsschwerpunkte.

Schüler-Expeditionen als Brückenschlag zwischen Forschung und Schule gehören seit vielen Jahren zum Programm der Auricher Wissenschaftstage. So wurde z. B. 2002 in Zusammenarbeit mit dem Alfred-Wegener-Institut, Bremerhaven, eine Schüler-Expedition in die Antarktis mit dem deutschen Forschungseisbrecher „Polarstern“ durchgeführt.

Die Schirmherrschaft für diese Schüler-Expedition an die Lena hat der niedersächsische Kultusminister Bernd Busemann übernommen.

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Expeditionsschwerpunkte

Warum Jakutien?

Jakutien – im Nordosten Sibiriens – wird nur von einer Million Menschen bewohnt, ist aber zehnmal so groß wie Deutschland. Jakutien liegt im Zentrum der riesigen sibirischen Dauerfrostzone und gilt als kälteste Region der Nordhemisphäre. Das hier herrschende extreme Kontinentalklima mit geringen Niederschlagsmengen (etwa 200 mm/Jahr; zum Vergleich: Aurich: knapp 800mm/Jahr) und extrem niedrigen Wintertemperaturen (bis -68°C) verhindert die Entstehung von Gletschern, begünstigt aber die Bildung von Permafrost (Dauerfrostboden). Seine Mächtigkeit erreicht bis zu 1.500m. Diese Besonderheit galt auch während der letzten Eiszeit vor ca. 12.000 Jahren. Eine Vergletscherung in unserem Expeditionsgebiet im Osten Sibiriens fand nicht statt. In den innerkontinentalen Gebieten Jakutiens existieren somit heute noch Überreste der Kaltsteppengebiete mit Pflanzenkomplexen der Mammutsteppe, wie sie während der Eiszeit in ganz Europa weit verbreitet waren. Mehr als 13 Millionen Mammuts sollen heute noch im Permafrost-Boden Sibiriens erhalten sein.

Die Schülerinnen und Schüler haben sich auf drei Expeditionsschwerpunkte vorbereitet, die von der Staatsuniversität Jakutsk wissenschaftlich begleitet werden:

  1. geoökologischer Schwerpunkt

    In Jakutien blieben Überreste der eiszeitlichen Mammutsteppe erhalten, da Jakutien während der Eiszeiten aufgrund extrem niedriger Niederschläge nicht – wie beispielsweise große Teile Deutschlands – vergletscherte.

    Typische Naturräume Jakutiens werden untersucht: Von besonderem Interesse sind

    • die Vorgänge der Bodenbildung in der Auftauzone über dem Dauerfrostboden, wo aufgrund des Wechsels von Gefrier- und Auftauvorgängen spezielle Bodenmuster entstehen, wie z. B. Eiskeile, die auch als Klimaarchive dienen, oder mehrere Meter hoch gefrorene Torfhügel mit Eiskernen, die als Palsen bezeichnet werden. Auch hier ist die Beziehung Boden-Bodenwasser-Vegetation von besonderer Bedeutung. Interessant ist aber auch, welchen Einfluss der Dauerfrostboden in Bezug auf die Bebauung oder die (schwierige!) Beschaffung von Trinkwasser hat.

    • die Pflanzengesellschaften der Flussauen. Die bis zu zehn Meter variierenden Wasserstände der Lena bedingen unterschiedliche Pflanzengesellschaften.

    • die Pflanzengesellschaften auf Lichtungen der Taiga, z. B. tauen Waldbrände Permafrostböden an und es entstehen Senken, Moore, Sümpfe und Seen.

    Pflanzenarten der eiszeitlichen Mammutsteppe, die hier erhalten geblieben sind und die es sonst auf der Erde nicht gibt, sollen untersucht, gezeichnet und bestimmt werden. Ein Zeichenlehrer unterstützt die Jugendlichen bei dieser Aufgabe.

  2. archäologischer Schwerpunkt

    Auf den Grabungsfeldern von Diring-Jurjach an der Lena werden die Schülerinnen und Schüler Spuren der Menschheit mituntersuchen können, die der Grabungsleiter Prof. Dr. Jurij Motschanow von der Staatsuniversität Jakutsk auf ein Alter zwischen 1,8 und 2,5 Millionen Jahren datiert hat. Sie ähneln denen der ältesten afrikanischen Kulturen in Tansania und Kenia. Der Urmensch streifte also auch schon an den eisigen Ufern der Lena umher.

  3. lebensweltlicher Schwerpunkt

    Die Lena-Felsen sind Sitz der jakutischen Götter. Auch heute noch ist der Schamanismus in Jakutien weit verbreitet. An den Spitzen der Felsen beginnt das Reich der guten und bösen Geister, die alle Phasen des Lebens bestimmen sollen. Die Schülerinnen und Schüler werden die Differenzerfahrung zwischen wissenschaftlichen und schamanistischen Lebenswelten, zwischen Internetcafé und Schamanenbaum, mit ihren unterschiedlichen Erklärungsansätzen beispielhaft erleben und dokumentieren.

    Vorstellungen der schamanistisch geprägten Lebenswelten des Urmenschen in der Mammutsteppe werden mit unserer wissenschaftlichen Lebenswelt und den Vorzügen rationaler Erklärungsmuster kontrastiert. Angesichts der steigenden Anzahl von Menschen, die wegen der zunehmenden Komplexität unserer Wissensgesellschaft ihre Orientierung in mythischen Welten suchen, ist dieser Expeditionsschwerpunkt ins Spannungsfeld von Schamanismus und Wissenschaft auch ein Versuch zur eigenen Positionsbestimmung.

Alle gewonnenen und dokumentierten Daten und Ergebnisse der Expedition werden nach der Rückkehr veröffentlicht und den Schulen zur Verfügung gestellt.

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