Praktikum am Hirnforschungszentrum in Jülich
vom 11. bis zum 15. Oktober 2004
Von Maike Steffens
Ich habe im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage in den Herbstferien 2004 ein Praktikum im Institut für Medizin des Forschungszentrums Jülich absolviert. Dabei habe ich mich auf die Hirnforschung konzentriert und mich speziell in den Forschungsgruppen „Kognitive Neurologie" und „Molekulares Neuroimaging" bewegt.
Die Forschungsgruppe „Kognitive Neurologie" möchte herausfinden, welche Bereiche des Gehirns beansprucht werden, wenn wir denken, fühlen und handeln. Dafür gibt es verschiedene Untersuchungsmethoden, die allesamt an lebenden Probanden oder Patienten durchgeführt werden. Mit speziellen Geräten, wie z. B. dem Magnetresonanz-Tomographen (MRT) oder der Magnetenzephalographie (MEG), kann man dem Gehirn beim Arbeiten „zusehen“.
Die Arbeitsgruppe „Molekulares Neuroimaging" beschäftigt sich mit der Verteilung von Rezeptoren im Gehirn. Sie arbeitet mit einem Verfahren, das sich Autoradiographie nennt. „Auto" heißt „selbst“, „radio" leitet sich von dem strahlenden Element Radium ab und „graphie" bedeutet „Aufzeichnung“.
Bei der Autoradiographie werden radioaktive Substanzen in den Körper injiziert und ihre Verteilung im Körper anhand der ausgehenden Strahlung gemessen und aufgezeichnet. Dazu müssen körpereigene Stoffe synthetisiert und radioaktiv gemacht werden. Man kann bei dieser Methode also nur Stoffe verwenden, die man selbst im Labor herstellen kann.
Bei den Stoffen, die für die Gehirnforschung nützlich sind, handelt es sich hauptsächlich um Synthesen so genannter Neurotransmitter. Neurotransmitter sind „Botenstoffe" des Gehirns, die für die Reizleitung nötig sind. Die Botenstoffe „docken" an die Rezeptoren des Gehirns an. Wird ein Rezeptor aktiviert, leitet er den Reiz weiter. Anhand der ausgehenden Strahlung kann man sehen, an welchen Stellen des Gehirns sich die Neurotransmitter besonders angereichert haben. An diesen Stellen müssen viele Rezeptoren vorhanden sein.
Das Gehirn einer Maus wiegt um die 8 Gramm
Es gibt drei Formen der Autoradiographie:
in vivo = „im Leben“: Untersuchungen an lebenden Objekten, bei denen dem Versuchsobjekt oder dem Probanden radioaktive Stoffe injiziert werden, deren Strahlung mit einem speziellen Gerät, dem Positonen-Emissions-Tomographen (PET) gemessen werden können. Dieses Verfahren lässt sich vor allem auch zur Diagnose, z. B. bei Gehirntumoren verwenden.
ex vivo = „aus dem Leben heraus“: Bei diesem Verfahren werden lebenden Versuchstieren radioaktive Stoffe injiziert. Anschließend werden die Tiere getötet und das Gehirn entnommen. Das entnommene Gehirn wird in hauchdünne Scheiben geschnitten (ca. 50 Nanometer). Die radioaktiven Gehirnschnitte belichten entweder gewöhnliches Fotopapier oder spezielle Fotoplatten. Diese Form der Autoradiographie ist notwendig, um zu sehen, wie sich die Stoffe im lebenden Gehirn verteilen. Dadurch kann man z. B. auch den Stoffwechsel im Gehirn beobachten.
in vitro = „im Reagenzglas“: Hierbei werden Gehirnschnitte von bereits toten Versuchstieren oder Menschen mit radioaktiver Substanz kontaminiert. Auch diese Schnitte belichten auf Grund ihrer Strahlung Fotopapier oder -platten.
Ich hatte die Möglichkeit, alle drei Verfahren kennen zu lernen und sogar an einem Tierversuch teilzunehmen. Ich stehe Tierversuchen eher kritisch gegenüber, jedoch wollte ich die Möglichkeit nutzen, mir so etwas anzusehen, damit ich mir selbst ein Bild von der Notwendigkeit und der Durchführung von Tierversuchen machen kann.
Die Tierversuche werden vom Institut für Nuklearchemie durchgeführt und sind notwendig um die „Tracer" (so nennt man die zu injizierenden radioaktiven Stoffe) fürs PET zu entwickeln.
Ich befürworte noch immer keine Tierversuche, jedoch lässt sich sagen, dass sie so „human“ wie möglich durchgeführt werden, d. h., die Tiere leiden so wenig wie möglich. Was viele nicht wissen, ist, dass es einen Vorlauf von über einem Jahr benötigt, ehe ein Tierversuch überhaupt genehmigt wird. Versuche an größeren Säugetieren wie z. B. Affen werden in Deutschland in der Regel nicht mehr gestattet.
Bei Marcus Cremer habe ich gelernt, wie man eine Maus fachgerecht seziert.
Das Praktikum im Forschungszentrum Jülich war sehr interessant. Es hat mir großen Spaß gemacht, einmal einen Einblick in die Forschung zu bekommen und etwas über die Funktionen des Gehirns zu lernen. Außerdem waren die Betreuer alle sehr nett und auch alle anderen Mitarbeiter des Instituts waren immer bereit, mir meine Fragen zu beantworten.
Ich kann allen Interessierten nur wärmstens empfehlen, sich für so ein Praktikum zu bewerben!