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Aufenthalte am Forschungszentrum Jülich (XIV)

Praktikumsbericht

Praktikum am Institut für Plasmaphysik in Jülich
vom 28. Juni bis zum 10. Juli 2009
Von Mena Santjer

Im Sommer 2009 habe ich im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage ein zweiwöchiges Schülerpraktikum im Forschungszentrum Jülich am Institut für Plasmaphysik gemacht. Das Forschungszentrum ist ziemlich groß und es gibt dem entsprechend viele Institute, die an ganz verschiedenen Sachen forschen, wobei ich das Glück hatte, auch ein bisschen von den anderen Instituten zu sehen.

Was ist Plasma und warum erforscht man das?

Plasma ist der vierte Aggregatzustand, bei dem sich die Elektronen von den Atomkernen lösen. In Jülich wird Plasma in einer sehr großen Maschine, dem TEXTOR, erzeugt. Dazu wird schwerer Wasserstoff in eine torusförmige Kammer gelassen und mit verschiedenen Techniken geheizt. Das Ganze ist von verschiedenen großen Spulen umgeben, die Magnetfelder erzeugen, welche das Plasma in seiner Form halten (sobald ein Teilchen die Wand berührt, kommt es zur Rekombination und es ist kein Plasma mehr) und es zum Fließen bringen.

Man erforscht Plasma, da in diesem Aggregatzustand die Kernfusion möglich ist. Kernfusion ist sozusagen das Gegenteil der bekannten Kernspaltung, nur dass hier die Kerne eben verschmelzen. Dabei wird sehr viel mehr Energie freigesetzt und es entsteht kein Atommüll, sondern Helium. Die Technik ist zwar nicht komplett ungefährlich, aber wenn sie erst mal funktioniert, deutlich ungefährlicher und effektiver als die Kernspaltung und hoffentlich eine der wichtigsten Energiequellen unserer Zukunft. Ein anderer Vorteil sind die Brennstoffe, welche aus Gestein und Wasser gewonnen werden und somit auf der ganzen Welt vorhanden sind.

Nach einer kleinen Einführung am Montag konnte ich am Dienstag schon gleich den so genannten „Schussbetrieb“ miterleben. Aufgrund der Technik von TEXTOR dauert eine Plasmaentladung nie länger als sechs Sekunden, das nennt sich dann ein Schuss. In diesen sechs Sekunden findet keine Kernfusion statt. TEXTOR hat nicht das Volumen oder die Technik, um einen Plasmastrom lange genug aufrecht zu erhalten, dass Kernfusion stattfinden kann; das bedeutet, er wird nur zu Forschungszwecken benutzt.

In Südfrankreich wird zur Zeit der ITER gebaut, dies ist das Kernfusionskraftwerk, welches als erstes wirklich Strom produzieren wird.

Damit TEXTOR einwandfrei läuft, muss sehr viel auf einmal funktionieren. Schon zum Beispiel kleine Verunreinigungen können den Plasmastrom abbrechen lassen. Wenn das passiert, rekombinieren alle Plasma-Atomkerne und -Elektronen auf einmal: sie werden wieder zu Gas. Dabei entladen sie ihre ganze Energie auf die Wand und das kann selbst eine tonnenschwere Maschine wie TEXTOR fast zum Hüpfen bringen. Witzig ist das nicht, denn als es an jenem Dienstag passierte, hatten wir danach ein Luftleck, welches erstens gefunden und repariert werden musste, und zweitens bedeutete die eingedrungene Luft wieder eine Verunreinigung des Plasmas. Bei ITER darf so etwas nicht passieren.

Der Kontrollraum des TEXTORs, 36 k

Der Kontrollraum des TEXTORs

An den folgenden Tagen habe ich bei Arbeiten mit Lasern geholfen. Dabei geht es um Folgendes: In einer Vakuumkammer sind Proben befestigt, die aus demselben Material bestehen wie die Wand des TEXTORs und später des ITERs. In diesen Proben ist Wasserstoff enthalten, und er tritt aus, wenn man ihn mit dem Laser beschießt. Man kann messen, wie viel Wasserstoff austritt. Im ITER wird sich während der Plasmaerzeugung radioaktives Tritium (ein Wasserstoff-Isotop) in der Wand ablagern und es ist wichtig, Techniken zu erforschen, mit denen man messen kann, wie viel sich dort ablagert, oder noch besser Techniken, mit denen man die Wand reinigen kann.

Um das Thema Reinigung geht es auch im Spiegellabor. Das Plasma kann nicht direkt mit Kameras beobachtet werden, da die radioaktive Strahlung ihnen schadet. Deshalb werden Spiegel verwendet, um das Licht des Plasmas zu den Kameras zu reflektieren. Nun ist es leider so, dass auch auf den Spiegeln, nicht nur auf der Wand, sich Stoffe ablagern und somit die Spiegel verschlechtern. Man erforscht also, wie schnell die Spiegel verschmutzen und wie man sie reinigen kann.

Auf diesem Bild sieht man mich auf dem TEXTOR. Es war gerade kein Schussbetrieb und wir kletterten auf TEXTOR herum um eine geeignete Stelle zu finden, an der man einen weiteren Laser anbringen könnte. Dies gestaltete sich nicht so einfach, da alles drumherum so zugebaut mit Diagnostiken ist, dass ich zwar darauf herum klettern, TEXTOR selbst aber kaum sehen konnte.

In meiner zweiten Woche habe ich noch eine ganz andere Seite von Jülich gesehen, ich wurde nämlich einen Nachmittag durch das Institut für Hirnforschung geführt. Das war sehr spannend, da man dort einen neuen Magnetresonanztomographen hat, welcher mit einem Magnetfeld von über 9 Tesla arbeitet. Außerdem durfte ich mich in einem etwas kleineren Tomographen vermessen lassen und schließlich ein 3D-Bild meines eigenen Hirns mit nach Hause nehmen.

Insgesamt hat mir das Praktikum wirklich viel gebracht. Abgesehen von den physikalischen Inhalten habe ich gelernt, wie Physiker arbeiten und was es bedeutet, in einem Forschungsinstitut zu sein. Ich habe die Erfahrung gemacht, wie es ist, in eine völlig fremde Stadt zu kommen, und habe die Jülicher sowohl im Institut als auch in der Stadt Jülich als sehr, sehr nette Menschen kennen gelernt. Ich bedanke mich bei allen, die mir in den zwei Wochen so viel beigebracht und weiter geholfen haben für die tolle Zeit in Jülich.

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