Logo der Berufsbildenden Schulen 2 Aurich

Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

Logo des Ulricianums

Aufenthalte am Deutschen Elektronen-Synchrotron in Hamburg (III)

Praktikumsbericht

Praktikum am Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg
vom 13. bis zum 24. Oktober 2003
Von Wiebke Witte

In den Herbstferien machten Natalja Brak (BBS) und ich (Gymnasium Ulricianum) ein Praktikum beim DESY.

Das DESY, das Deutsche Elektronen Synchrotron, ist ein Forschungszentrum für Teilchenphysik, Hochenergiephysik und Synchrotronstrahlung. Am DESY gibt es den 6,3 km langen Ringbeschleuniger HERA. In ihm werden Protonen und Elektronen in entgegengesetzter Richtung beschleunigt.

Skizze der Vorbeschleuniger und Speicherringe beim DESY, 35 k

Der HERA Beschleuniger1)

An diesem Ring gibt es vier Experimente:

  1. HERMES, das den Spin der Nukleonen untersucht,
  2. HERA B, welches sich mit schweren Quarks beschäftigt,
  3. ZEUS und
  4. H1, an denen der Protonstrahl auf den Elektronenstrahl trifft und die Teilchen kollidieren.

Wir waren dem H1 Experiment (siehe unten) zugeteilt (Halle Nord):

Seit dem Tag unserer Ankunft wurden wir von Herrn Joachim Meyer, Physiker am DESY, betreut und in die Welt der Teilchenphysik eingeführt. Er erklärte uns den Aufbau der Materie vom Kristall bis zum Quark. Außerdem erfuhren wir etwas über die vier Kräfte unseres Universums (starke-, schwache-, elektromagnetische- und Gravitationskraft). Diese Erklärungen waren sehr hilfreich, da man ein tieferes Verständnis über den Aufbau unserer Welt erlangte und somit die Experimente an HERA besser verstehen konnte.

Am Vormittag des zweiten Tages nahmen wir an einer Führung über das DESY-Gelände teil; hier wurden uns verschiedene Forschungsstationen gezeigt. Nachmittags bereitete uns Herr Meyer auf den Besuch der H1 Halle vor. Er erklärte uns die Funktionen eines Detektors.

Am Mittwoch, unserem dritten Tag, haben wir die H1 Halle besucht, in der der riesige Detektor steht (12*10*15 m, 1800 Tonnen!!). Leider konnten wir Tunnel und Detektor nicht besichtigen, da gerade Reparaturarbeiten vorgenommen wurden. Aber auch die enorme Menge an Elektronik reichte aus um uns zu beeindrucken:

Stipendiaten vor Messgeräten, 31 k

Arbeiten am Computer

So, nun waren auch unsere Accounts (eigene Computerzugänge) eingerichtet und die eigentliche Arbeit konnte beginnen:

Wir wurden den drei Doktoranden Gero Flucke, Ingo Strauch und Bengt Wessels vorgestellt. Sie waren ab jetzt dafür zuständig uns den Umgang mit den DESY-Computern beizubringen. Am DESY wird nicht mit den bekannten Windowsoberflächen gearbeitet, sondern mit Linux (ähnlich zu Unix). Zuerst lernten wir kleine Programme nach genauer Anleitung in der Programmiersprache C++ zu programmieren, wie man beispielsweise den Computer dazu bringt 3*5 zu rechnen. Doch mit der Zeit wurde es immer schwerer Programme zu schreiben, da sich Unklarheiten und Fehler häuften, die mit Hilfe der Doktoranden beseitigt werden konnten.

Am Ende der Computerarbeit stand die Aufgabe, ein Programm zu schreiben, welches folgenden Vorgang simuliert:

Skizze eines Photomultipliers, 7 k

Skizze eines Photomultipliers2)

Es wird ein Photon (Lichtteilchen) auf eine Dynode geschossen, dort schlägt es einige Elektronen heraus, die zur nächsten Dynode fliegen und dort noch mehr Elektronen herausschlagen usw. Meine Aufgabe war es, ein Programm zu schreiben, mit dem man statistisch ermitteln kann, wie viele Elektronen nach jeder Dynode herausgeschlagen wurden. Daraus habe ich dann ein Histogramm erstellt:

Histogramm, 18 k

Beispiel eines Histogramms

Auswerten von Event Displays

Eine andere Tätigkeit am DESY ist das Auswerten von sog. Event Displays:

Pro Sekunde werden nur etwa 10 interessante Kollisionen gespeichert. Die Daten, die der Detektor liefert, verwandelt der Computer in ein Event Display, ein „Ereignis-Bild" der Kollision.

Event Display, 27 k

Aus den Spuren (Tracks) und den „roten Klecksen" (Cluster), die die abgegebene Energie darstellen, kann man die Identität eines Teilchens feststellen. Ein Elektron, welches geladen ist, kann man daran erkennen, dass es eine Spur hinterlässt und meistens im grünen Bereich des Kalorimeters endet. Ich sollte nun einige der aufgezeichneten Ereignisse auswerten, d. h. die Teilchen erkennen und besondere Vorkommnisse (ein Muon, keine Impulsbalance …) notieren. Außerdem habe ich Histogramme erstellt, die die mittlere Energie der Elektronen nach dem Zusammenprall und ihre Ausfallwinkel darstellen.

Des Weiteren nahm ich an zwei Vorlesungen teil, zum Thema „Kinder als Naturforscher" und „Gravitationswellen“. Zusätzlich war uns die Möglichkeit gegeben dem wöchentlichen H1-Meeting beizuwohnen; hier wird immer ein Bericht über den Zustand des Detektors und den Strahl abgegeben und über aktuelle Dinge gesprochen. Natürlich alles auf Englisch!

Fazit

Meiner Meinung nach ist es eine sehr lohnende Erfahrung, ein Praktikum im DESY zu machen, da man einen guten Einblick in die Welt der Teilchenforschung oder der physikalischen Forschung allgemein bekommt. Es ist jedoch schwer für Schüler, die aus der Schule weder Vorkenntnisse über die Teilchenphysik noch den Umgang mit Linux- bzw. Unix-Software haben, sich schnell in dieses Gebiet einzufinden.

Vor dem Praktikum sollte man sich mit dem Aufbau der Materie und der Quantenphysik beschäftigen, damit es einem leichter fällt die Experimente zu verstehen. Auch wäre es sinnvoll sich allgemein über das DESY zu informieren, z. B. mit der Broschüre des DESY „HERA, das Supermikroskop“, die man auf der Homepage des DESY anfordern kann.

Das Praktikum ist empfehlenswert für alle Schülerinnen und Schüler, die sich für Teilchenphysik interessieren und im Zusammenhang damit Spaß im Umgang mit Computern haben.

Herzlichen Dank an die Organisatoren des Stipendiatenprogramms der Wissenschaftstage und besonderen Dank an Herrn Meyer und Gero Flucke für die nette und unermüdliche Betreuung!

Exkurs: Das H1 Experiment3)

Wie bereits erwähnt, kollidieren an dieser Stelle die Elektronen mit den Protonen. Man möchte untersuchen, wie die Protonen aufgebaut sind, welche Teilchen bei dem Zusammenprall entstehen, welche Eigenschaften sie haben und wie sie sich verhalten.

Skizze des H1-Detektors, 61 k

Der H1 Detektor

Von links kommen die Elektronen und von rechts die Protonen. Um nachzuvollziehen, was genau geschieht, wenn diese Teilchen aufeinander treffen, hat man einen Detektor gebaut.

Ein Detektor besteht aus mehreren technischen Einheiten:

Zurück zum Bericht

Anmerkungen

1)

URI der Grafik: http://www.desy.de/pr-info/desyhome/gfx/presse/fotos/desy/150dpi/hera.jpg

[Zurück zum Text]

2)

Die Grafik ist entnommen: http://www-ekp.physik.uni-karlsruhe.de/~kerzel/StatsExercises/Summer2003/Exercise03/Exercise03.pdf

[Zurück zum Text]

3)

Zum Folgenden siehe: http://www-h1.desy.de

[Zurück zum Text]

DESY Hamburg-Praktika | Seitenanfang