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Auricher Wissenschaftstage –
Forum einer dritten Kultur

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Aufenthalte am CERN (VI)

Praktikumsbericht

Praktikum am Teilchenforschungsinstitut CERN
vom 7. bis zum 18. Oktober 2013
Von Steffen Geißler

Foto eines Gebäudes auf dem CERN Gelände, 13 k

Gebäude auf dem Gelände des CERN

Im Rahmen der Auricher Wissenschaftstage bot sich mir die Möglichkeit, ein Praktikum am CERN (Europäisches Zentrum für Kernforschung) in Genf zu absolvieren. Dieses fand in den Herbstferien 2013 statt.

Sonntags in Genf angekommen, suchten Sandra Janssen vom Gymnasium Ulricianum und ich unser Hotel in Ferney (Frankreich) auf. Am frühen Montag machten wir uns, gestärkt durch Croissants, auf den Weg in die Schweiz. Nach der Ankunft beim CERN wurden wir von Dr. Hauschild in Empfang genommen.

Ich hatte im Vorfeld mehrere Fragen vorbereitet. Zum Beispiel, ob das Higgs-Teilchen nun wirklich gefunden wurde, denn man müsste ja für so eine Entdeckung einen Nobelpreis bekommen. Herr Dr. Hauschild meinte dann zu mir, dass ich den morgigen Tag abwarten solle, denn dann sei Nobelpreis-Verkündung. Kaum hatte ich diesen Schock verdaut, wurde mir der Geländeausweis ausgehändigt. Ich wurde auch darüber in Kenntnis gesetzt, dass ich mit diesem Ausweis befugt war, mir alles auf dem CERN-Gelände anzugucken, solange denn die Tür offen sei und keine Strahlengefahr bestehe.

Nun machten wir uns auf den Weg, unsere Betreuer Barne und Jenny kennenzulernen, zwei Doktoranden von der Universität in Dortmund. Barne begann gleich damit, uns das CERN-Gelände zu zeigen. Wir besichtigen LEIR, einen Teilchenbeschleuniger, an dem das erste Mal stabile Antimaterie erzeugt wurde. Wir waren sogar in dem Bürogebäude, in dem das WWW erfunden wurde. Im Vorbeigehen trafen wir Kamerateams, die eine Dokumentation über das CERN gemacht haben. Für mich als physikinteressierten Menschen war das einfach die Krönung, und das war nur der erste Tag.

Dienstags machten wir uns dann auf den Weg, unsere Arbeitsstelle kennenzulernen. Sie lag beim ATLAS-Detektor, einem der vier Teilchendetektoren am CERN. Hier wurden die Upgrades für ATLAS erprobt und dann 100 Meter unter der Erde im Teilchenbeschleuniger installiert. Im Moment wurden die Pixeldetektoren, die Staves genannt werden, zusammengefügt.

Es gab aber in dem Labor ein Problem, dies war die sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Denn um einen Teilchenbeschleuniger zu betreiben, braucht man enorm viel Strom – so viel Strom, dass man Supraleiter benötigt. Supraleiter sind elektrische Leitungen, die auf bis ca. -168° C heruntergekühlt werden. So verliert der Leiter an Widerstand, und man kann durch eine kleine Leitung enorme Mengen Strom transportieren. Das Problem besteht darin, dass bei zu hoher Luftfeuchtigkeit und niedrigen Temperaturen Wasser kondensiert und so der Stave zerstört wird.

Unsere Aufgabe für die nächste Woche bestand darin, dass wir das Interlock-System für die Stickstoffkühlung Traci testeten. Aber erst mal gingen wir zu der Nobelpreis-Bekanntgabe. Ein unglaubliches Gefühl: man stand mit hunderten von Physikern vor einer LIVE-Übertragung und wartete darauf, wer nun ausgezeichnet wurde. Der Countdown wurde immer wieder verlängert, dies sorgte schon für einen Nervenkitzel, und man hatte ein Gruppengefühl wie bei einem Public Viewing einer Fußball-Übertragung. Endlich war es soweit, der Nobelpreis ging an Peter Higgs. Peter Higgs ist der Theoretiker, der die Theorie aufgestellt hat, aber ohne den Nachweis des CERN wäre es nur eine Theorie geblieben, und somit ist es auch ein Nobelpreis des CERN. Wir machten uns wieder auf den Weg in die Labore. Das war unser zweiter Tag am CERN.

Der Rest der Woche bestand darin, das erwähnte Traci zu testen. Dies waren durchaus monotone Messungen, entsprach aber dem normalen Tag eines Physikers und war somit ein guter Einblick in das Berufsfeld. Denn dazu war es wirklich umwerfend, mit Teilen vom ATLAS zu arbeiten und somit ein Teil des Ganzen zu sein. Für mich als Schüler des beruflichen Gymnasiums war es aber auch einfach mal schön, Ultraschallschweißgeräte zu sehen und die Funktionsweise einer solchen Gerätschaft in Aktion zu erleben.

Einmal brauchten wir ein Mikroskop, das so eine Vergrößerung hatte, dass man daran nicht vorbei laufen durfte, da dieses enorme Vibrationen verursachte. Im Laufe der Woche fingen wir dann an, die Wirebonds der Staves zu testen. Wirebonds sind kleine elektronische Verbindungen, die an den Pixeldetektoren befestigt sind. Es gab viele Fettspuren, mit der das leitende Material reagiert hat; dies beeinträchtigt die Leitfähigkeit und erschwert die Weiterverarbeitung der Wirebonds.

In der zweiten Woche haben wir an einem German Teachers Workshop teilgenommen. Es lief so ab, dass wir vormittags Vorlesungen hatten und nachmittags Führungen gemacht haben.

Es gab eine Teilchenphysiker-Vorlesung, die einem die Geschichte des Atommodells vom 20. Jahrhundert bis heute näher gebracht hat. Natürlich wurden wir auch in die Teilchenphysik eingeführt, und zudem gab es eine Teilchenbeschleuniger-Vorlesung. Am besten war aber die Antimaterie-Vorlesung, da dies ein sehr unbekanntes Feld ist, das kaum erforscht ist und viele Möglichkeiten bietet. Ein Kosmologie-Vortrag hat mir klar gemacht, wie klein wir eigentlich in diesem Universum sind. Praktisch haben wir uns vormittags natürlich auch beschäftigt. Wir bauten eine Nebelkammer, die mit leichtesten Mitteln natürliche Strahlung nachweisbar gemacht hat, oder wir suchten mit Original-Daten des ATLAS nach dem Higgs-Teilchen. Es gab also auch durchaus einen praktischen Teil.

Foto vom ISS Control Center, 14 k

ISS Control Center

Nachmittags nahmen wir dann an Führungen teil. Wir besuchten das ISS-Control Center am CERN. Hier werden Messungen an der ISS gemacht, die am CERN ausgewertet werden.

Wir machten einen AD-Visit, hier wird mit Antimaterie experimentiert. Das Ziel dieser Versuche ist es, herauszufinden, ob Antimaterie den Gesetzen der Schwerkraft gehorcht. Die Ergebnisse werden mit der Formel des waagerechten Wurfes berechnet. Es war einfach mal wieder schön zu sehen, dass Schule und ihre Inhalte auch Anwendung finden.

Dazu waren wir natürlich beim ATLAS, er hat einen Durchmesser von 25 Metern. Er ist der größte Detektor der Erde. Hier arbeiten mehr als 2.000 Forscher aus über 160 Ländern zusammen. Dies war leider auch unser letzter Besuch und läutete das Ende unseres Aufenthaltes in Genf ein. Wir waren abends noch einmal mit unseren Betreuern essen und ließen die letzten Tage an uns vorbeiziehen und machten uns am nächsten Tag auf den Heimweg.

Das war auch schon meine Zeit in Genf und am CERN, und es war eine einmalige Erfahrung. Ich möchte mich nochmal bei allen bedanken, die dies möglich gemacht haben – besonders bei den Auricher Wissenschaftstagen.

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