Ein Brief von Jürgen Habermas
Jürgen Habermas 2007 (Foto: Wolfram Huke)
Philosophiekursteilnehmer des Ulricianums hatten die Gelegenheit zu
einem kurzen schriftlichen Interview mit Jürgen Habermas; hier ihre
vier Fragen:
- Laut jüngster „Spiegel“-Umfrage sind wir Jungen vernetzt, wir
denken global und sind vor allem eins: angepasst und
sicherheitsbedürftig. Statt auf die Straße zu gehen, „schäumen
wir lieber Milch auf“.
Wie erleben Sie uns? Sind wir Jungen eine Enttäuschung für Sie,
Herr Habermas?
- In der „ZEIT“ vom 10. Juni 2009 heißt es, dass das Begriffspaar
des herrschaftsfreien Diskurses heute nicht mehr verwendet,
allenfalls „im akademischen Abendlicht“ gern als Träumerei
belächelt werde.
Teilen Sie diese Einschätzung oder beinhaltet das Konzept eines
herrschaftsfreien Diskurses nicht auch unaufgebbare Kernpunkte?
- Der afrikanische Philosoph Q. A. Appiah, Idealist wie Sie und
von der Kraft der kommunikativen Vernunft des Menschen zutiefst
überzeugt, betont die Gültigkeit eines universellen Wertes, der
zugleich die Grenze der Toleranz darstelle: „Jeder einzelne
zählt.“ Dazu meine Frage:
Können Sie angesichts der „Tendenzen einer entgleisenden
Modernisierung“, wie Sie es 2007 in der „Neuen Zürcher Zeitung“
nannten, ein eigenes „1. Gebot“ formulieren, für das Sie sich
universelle Gültigkeit wünschen?
- Ausgehend von Diskussionen in unserem Kurs, ob die neuen
Kommunikationsmittel (wie zum Beispiel das Internet) den Weg zum
Frieden eher erleichtern oder erschweren, ist die letzte Frage
total simpel, aber ich würde sie trotzdem gerne stellen, weil
man auf eine einfache Frage vielleicht auch eine einfache Antwort
bekommt, und ich fände das echt spannend:
Glauben Sie wirklich, dass weltweiter, ewiger Frieden jemals möglich ist?
Nur wenige Tage später ging folgender Antwortbrief ein: