Aufenthalt an der Biologischen Anstalt Helgoland
vom 13. bis zum 24. Oktober 2003
Von Wilke Bohmfalk
1. Beschreibung des Betriebs
Die Biologische Anstalt Helgoland (BAH) erforscht die Grundlagen des Lebens im Meer mit Schwerpunkten in der Nordsee und im Wattenmeer. Sie trägt damit zum Schutz der natürlichen Vielfalt der Meeresökosysteme bei und hilft, deren Funktion im Stoffhaushalt der Biosphäre zu erhalten. Die üppige Formenvielfalt des marinen Lebens lockte schon in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts viele bedeutende Wissenschaftler auf die Insel. Im Jahre 1892 entstand unter dem preußischen Kultusministerium die „Königliche Biologische Anstalt auf Helgoland“. Heute kann die Biologische Anstalt (BAH) auf mehr als 150 Jahre Geschichte und viele klangvolle Namen in der Liste der Wissenschaftler und Gastforscher zurückblicken.
Seit Januar 1998 gehören die Biologische Anstalt Helgoland und ihre Standorte Helgoland und Sylt zur Stiftung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meersforschung.
Außenansicht des Instituts
Die Biologische Anstalt Helgoland ist auf der Insel in drei Gebäuden untergebracht. Das Haus A beschäftigt sich hauptsächlich mit der Hummerzucht. Es befinden sich Labore zur Untersuchung des Meerwassers und der Hummerlarven in dem Gebäude sowie viele Becken und Einzelkompartimente (an die 1.500), in denen jede Hummergröße Platz findet und aufgezogen wird. Dann das Haus B, welches das große Besucheraquarium beinhaltet, in dem sich die Besucher über das Leben in der Nordsee informieren können und in dem alle in der Nordsee vorkommenden Lebewesen Platz finden. Das Haus C ist die eigentliche Forschungseinrichtung, in der es ausschließlich Büros und Labore gibt, in denen Messwerte der See ausgewertet, verschiedenste Lebewesen untersucht und Versuche durchgeführt werden, anhand derer man feststellt, wie sich die Lebewesen unter verschiedenen Lebensbedingungen verhalten.
„Helgoland-City" vom höchsten Punkt gesehen
In dieser Forschungsanstalt arbeiten Professoren, Doktoren und Doktoranden, die auf der Insel in fünf Jahren ihren Doktortitel erarbeiten, Gastforscher, Zivildienstleistende, die zum Beispiel die Fische, Hummer und andere Lebewesen füttern, außerdem Reinigungskräfte, Büroangestellte und Praktikanten.
Sicherheitsbestimmungen gibt es eigentlich keine, außer dass unter sehr sterilen Bedingungen gearbeitet wird. Das heißt, dass man ein Haarnetz, Handschuhe, die man nach jedem Arbeitsschritt wechselt, und einen weißen Kittel sowie Plastiktüten zum Schutz von Schuhen und Fußboden trägt. Auch die Spitzen der Pipetten, mit denen man im Labor arbeitet, werden nach einmaligem Gebrauch gewechselt und vernichtet.
Mit giftigen oder ungesunden Chemikalien wird ausschließlich unter einem Dunstabzug gearbeitet. Außerdem sollte man niemals in ein Hummer- oder Katzenhaibecken greifen. Dieses könnte zu ernsthaften Verletzungen führen.
2. Beschreibung der Arbeitsabläufe
In der Biologischen Anstalt Helgoland gibt es sehr viele Mitarbeiter und somit auch zahlreiche verschiedene Arbeiten, die zu verrichten sind. Hier nun einige Arbeitsabläufe, die ich in den zwei Wochen meines Praktikums verrichtet habe: Ich konnte zum Beispiel Seelachse aus Norwegen schlachten, ausnehmen und zur Verfütterung vorbereiten, also zerkleinern, wie nachfolgend zu sehen ist.
Vorbereitung der Fütterung
Die Sauerstoffversorgung musste von mir am Dienstag, dem Fütterungstag, abgeschaltet werden, damit sich das Wasser im Aquarium beruhigen konnte. Bei Bedarf reinigte ich die Frontscheiben der einzelnen Aquarien oder entfernte die Algen, wenn sie sich zu stark vermehrten. An jedem Tag war es meine Aufgabe, die Wassertemperatur in jedem einzelnen Aquarium zu messen und schriftlich festzuhalten. Die Messung erfolgte mit einem Laser, den man nur auf das Wasser oder jeden anderen Gegenstand zu richten braucht, und die Temperatur wird gemessen. Ich war bei der Fütterung dabei und durfte die größten Bewohner des Aquariums wie zum Bespiel die Störe oder die Katzenhaie füttern und darauf achten, dass alle die gleich Menge Fisch erhielten, da es sonst zu Konkurrenzkämpfen kommt. Die Reinigung des Seehundbeckens war eine sehr angenehme Arbeit, da wir sowieso nur damit beschäftigt waren, den Seehund zu streicheln (er ist schon sehr an Menschen gewöhnt und somit auf sie fixiert). Zu beachten war, ihn nicht am Kopf zu streicheln, da die Seehunde dort ihr Sonar beherbergen und dieses dadurch gestört werden könnte. Der Seehund bekommt jeden Tag seine fünf bis sechs Seelachse, wohingegen alle anderen Tiere nur einmal in der Woche, am Dienstag, ihr Futter bekommen.
Julius, der Seehund des Instituts
Bei einer Ausfahrt mit dem Forschungsschiff „MS Aade" fuhr ich mit drei Forschern des Instituts für vier Stunden auf das Meer hinaus, um die neun um die Insel Helgoland verteilten Stationen anzufahren und dort Messungen durchzuführen. Gemessen wurden unter anderem die Sichttiefe, der Salzgehalt und die Temperatur des Meerwassers. Diese Aufgaben durfte ich ohne Hilfe erledigen. Für die Messung der Sichttiefe ließ ich eine kleine weiße Scheibe an einem Seil ins Wasser hinunter und konnte anhand des Seils die Sichttiefe feststellen, also den Punkt, ab dem die Scheibe nicht mehr zu erkennen war.
Messen der Sichttiefe mit der Sichtscheibe
Der Salzgehalt wurde von mir vom Schiff aus mit einer sehr einfachen Methode gemessen, indem ich nälich das Meerwasser abwog, dann abkochte, den Salzrückstand wog und so den Salzgehalt prozentual errechnen konnte. Außerdem wurde an jeder Station noch die Temperatur gemessen und zusammen mit Salzgehalt und Sichttiefe notiert, da diese Messungen schon seit Jahren durchgeführt werden. Die genaue Salzgehaltanalyse findet jedoch im Labor statt, da ja noch andere Stoffe im Meerwasser vorhanden sind. An einem anderen Tag fuhr ich wieder mit der „MS Aade" aufs Meer hinaus, um Plankton zu fischen. Dieses gelingt mit Mikronetzen, denn das Plankton besteht aus winzigen Krebsen und Algen, die an der Wasseroberfläche leben und so mit dem Schleppnetz gefangen werden. Außerdem fischten wir mit sog. Reusen noch Fische und Hummer für das Besucheraquarium. Reusen sind nichts weiter als tunnelartige Netze, in denen sich diese Tiere verirren.
Im Labor im Haus C der BAH erklärte uns Frau Hilke Döpke, was in den einzelnen Laboren erarbeitet wird, und wir lernten etwas über die DNA -Extraktion. Ich bekam also unter Aufsicht zweier Doktorandinnen die DNA von speziellen Bakterien und führte mit ihr einen Versuch durch, um den Umgang mit den Geräten und der Pipette zu erlernen. Ich versuchte, die einzelnen Stränge der DNA zu vervielfältigen, indem ich die DNA nach einem bestimmten Protokoll bearbeitete. Dann ließ ich die DNA über ein spezielles Gel laufen, damit ich die einzelnen Stränge der DNA erkennen konnte und mir den zu vervielfältigenden Strang heraussuchen konnte. Dann habe ich diesen DNA-Strang durch das Prinzip der Zellteilung manuell vervielfältigt.
DNA-Extraktion
Die Untersuchung des Meerwassers habe ich ebenfalls selbst durchgeführt, denn man kann jeden Stoff im Meerwasser durch einen Indikator nachweisen und analysieren, somit prozentual den Anteil errechnen, den der Stoff im Meerwasser hat, also Algenanteil, Schwefel- und Salzgehalt und viele andere Stoffe. Diese Arbeitsvorgänge wiederholten sich oft in den zwei Wochen meines Praktikums, doch in den letzten zwei Tagen durfte ich mein eigenes Projekt, das ich mit ausgesucht hatte, durchführen. Und zwar beschäftigte ich mich mit heimischen, in der Nordsee lebenden Asseln namens „Idotea emerginata“. Ich suchte mir 70 Asselweibchen aus den Behältern heraus, um zunächst ihr Verhalten zu beobachten. Aus ihren Bewegungen ließ sich dann schließen, ob die Weibchen trächtig waren oder nicht.
Diesen Vorgang wiederholte ich so oft, bis ich 70 trächtige Asselweibchen herausgesucht hatte. Ich spritzte ihnen mit der Pipette die Eier aus dem Marsopium (Bauchtasche mit Eiern) und zählte diese. Dann wurden die Weibchen vermessen und die Ergebnisse tabellarisch erfasst und im Diagramm festgehalten. So konnte ich dann das Verhältnis von Länge der Weibchen und Anzahl der Eier feststellen.
Nachtfahrt mit dem Forschungschiff
Die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Biologischen Anstalt Helgoland haben außerdem noch viele andere Arbeiten zu verrichten, wie zum Beispiel Bakterien zu züchten, Versuchstiere wie kleine Krebse für den Versand an Universitäten vorzubereiten oder sich mit der Algenzucht zu beschäftigen. Die Arbeiten, die ich verrichtete, können sie in viel kürzerer Zeit erledigen als ich, da sie hierfür bereits ein Studium, das für den Beruf „Meeresbiologe" Vorraussetzung ist, absolviert haben. Außerdem werden viele Arbeiten mit Maschinen erledigt, für deren Bedienung eine längere Ausbildung erforderlich ist.