M. Arndt
Universität Wien, Fakultät für Physik, Boltzmanngasse 5, A-1090 Wien, Österreich
Markus.arndt@univie.ac.at, www.quantumnano.at
Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurde eine neue Physik etabliert, die Quantenphysik. Sie ist die Ergänzung und Erweiterung der bis dahin bekannten „klassischen“ Physik, die mit Newton ihren Ausgang nahm. Ihren Namen schuldet die Quantenphysik der Diskretheit der Natur, der Tatsache, dass Energie und Materie in kleinen „Häppchen“ in Quanten gemessen und ausgetauscht wird.
Es wird zuweilen behauptet, die Welt der Atome und Moleküle sei seltsam, da dort Objekte in Zustände geraten, die uns im Alltag logisch verboten scheinen. Ein Schlüsselphänomen ist die Dualität der Materie: Moleküle erscheinen uns unter dem Mikroskop als wohldefinierte nanometergroße Teilchen. Wir können aber auch Experimente realisieren, in denen jedes auch als weit delokalisierte Quantenwelle beschrieben werden muss, die Orte ‚erkunden‘ kann, die nach klassischer Logik und lokalem Verständnis der Materie nicht erreichbar wären. Was bedeuten dann aber Logik, die Realität des Ortes, Raum oder Zeit? Warum scheinen diese Begriffe im Laborexperiment in Frage gestellt, wenn uns doch die Alltagswelt so ‚normal‘ erscheint?
Eine Möglichkeit, diese Frage unvoreingenommen anzugehen, besteht darin, die Masse, Größe und Komplexität der Objekte in fortgeschrittenen Quantenexperimenten weiter zu vergrößern, um zu schauen, unter welchen Umständen wieder die Alltagsphänomene Oberhand gewinnen. In unserer Forschungsgruppe zur Quantennnanophysik an der Universität Wien tun wir dies mit Kohlenstoffnanobällen, Vitaminen oder großen funktionalisierten Molekülen, deren Masse schon der von zehntausend Protonen entspricht.
Wir fragen, was die Quantenphysik der Materie bedeutet, ob es denn überhaupt eine fundamentale Grenze zwischen Mikrokosmos und Alltagswelt gibt und welche modernen Anwendungen sich aus der Quantendualität von Welle und Teilchen ergeben. Dabei stellt sich heraus, dass die Apparate, die zur Untersuchung philosophisch anmutender Fragestellungen erbaut wurden, tatsächlich enorm empfindliche Kraftsensoren sind, die auch minimale Wechselwirkungen der Moleküle mit ihrer Umgebung noch nachweisen können. Daraus kann man wiederum auf die inneren elektrischen, optischen, magnetischen und ein wenig auch die strukturellen Eigenschaften dieser Teilchen schließen, selbst dann, wenn die Realität ihres Ortes zu der Zeit der Messung überhaupt nicht wohldefiniert ist.
Ausgehend von Analogien zum berühmten Doppelspaltexperiment mit Licht analysieren wir, welche Strahlteiler und Interferometerkonfigurationen benötigt werden, um Materiewellen zu präparieren und kontrollieren und wir versuchen die Analogie zwischen „Schrödingers Katze“ und der Makromolekülinterferenz zu sehen.